Band: Dokken
Album: Re-Releases
Spielzeit: siehe unten
Genre: Melodic Metal
Plattenfirma: Rock Candy Records
Veröffentlichung: 02.01.2014
Homepage: www.dokkencentral.com
Die (immer noch aktiven) DOKKEN gehörten für die Dauer von einigen Jahren zur Speerspitze des US Melodic Metal, denn neben einer Handvoll mehr als brauchbarer Songs (und mehreren Kisten Spandex und Lipgloss) hatten Sie auch und vor allem die so begehrten 2 Zauber-Zutaten im Pudertäschen: einen charismatischen Sänger mit Widererkennungswert und einen Gitarrenhelden der Heerscharen von Nachwuchsgitarristen in seinen Bann zog (so was war damals, vor Guitar Hero und YouTube noch ne ganz große Sache). Dass es dann auch noch von Anfang an medienwirksam zwischen diesen beiden Extrempolen aufs Heftigste knirschte, brachte das Quartett um den Sänger Don Dokken nicht nur auf die Titelblätter der Musik- und Gitarrenmagazine, sondern auch in die Klatschspalten (was dem Absatz von Tonträgern ja nicht unbedingt abträglich ist). Rock Candy hat nun die ersten drei Scheiben der Band neu aufgelegt (es fehlt das erfolgreichste und wohl auch ausgereifteste Album „Back for the Attack“, 1987), einem Remaster unterzogen und das Ganze, wie immer, mit ausführlichen Linernotes zur Entstehung der Alben versehen. Leider basieren die O-Töne in den Booklets ausschließlich auf aktuellen Interviews mit Don Dokken und dessen Kumpel/Produzent Michael Wagener, so dass es hier naturgemäß etwas einseitig zugeht. Interessant, bzw. lesenswert sind die Geschichten aber auf jeden Fall, nicht nur für Fans.
Breaking The Chains (1981)
Spielzeit: 36:32 min.
Auf dem 1981 in den Kölner Dierks Studios Studios (!) eingespielten Debüt agieren alle Beteiligten noch etwas gehemmt bzw. hüftsteif. Sowohl die Band als auch der (Deutsche) Produzent Michael Wagener mussten sich wohl erst einmal an die neuen Umstände gewöhnen, denn nicht nur für die Musiker war diese Produktion ein relatives Novum, auch für Wagener war es die erste Platte an der er als ausführender Produzent und nicht nur als Knöpfchendreher beteiligt war. Der Sound ist noch recht bieder und die Gitarrensounds und -Soli, die auf zukünftigen Platten zum Trademark werden sollten, noch weit von der Genialität späterer Heldentaten Lynch’s entfernt. Nichtsdestotrotz bieten Tracks wie „Breaking The Chains“ oder „Paris Is Burning“ bereits eine Vorahnung auf das, wozu sich die Band nur wenig später aufschwingen sollte. Da das Debüt, ursprünglich nur in Europe und dann zeitversetzt auch in den USA veröffentlicht, ernüchternde Verkaufszahlen einfuhr, brauchte es schon einige Überzeugungskraft um das Label zu einer weiteren Zusammenarbeit zu überreden. Eine nette Randnotiz: da sich Bassist Juan Croucier vor Beginn der Aufnahmen in Richtung Ratt abgesetzt hatte, spielte Peter Baltes (Accept) kurzerhand die Bassspuren ein (und sollte einige Jahre später auch in die Dienste der Don Dokken Soloband treten) . Unterm Strich bietet „Breaking The Chains“ einige nette Songs und zeigt eine Band in der Selbstfindung. Wer sich eingehend mit 80er Hairmetal auseinander setzen möchte braucht die Scheibe natürlich in der Sammlung.
Tooth And Nail (1984)
Spielzeit: 48:04 min.
Zwingender wird es dann schon auf Album No. Zwo: wie entfesselt legen DOKKEN (die nun mit Jeff Pilson einen festen Bassisten in Ihren Reihen haben) auf dem Nachfolger los – bereits der instrumentale Opener „Without Warning“ und der anschließende Titeltrack mit seinen dezenten Eddie van Halen Verbeugungen machen unmissverständlich klar, dass George Lynch seine eigene Stimme gefunden hat und seinen Platz in der Mannschaft ausbauen will. Seine Soli sind Gourmethappen die eine Heerschar an Kopisten auf den Plan gerufen haben und den hervorragenden Ruf des Saitenhexers begründeten. Auch der Rest der Band hat spürbar an Selbstvertrauen und Fähigkeiten zugelegt. Neben dem bereits erwähnten Titelsong und Tracks wie „Into The Fire“, „Just Got Lucky“ oder „When Heaven Comes Down“ ist es natürlich die Ballade „Alone Again“, die das Album zum Wendepunkt in der Karriere der Band werden lässt. Als dritte Single ausgekoppelt steigt es bis auf Platz 2 der Charts, rettet die Band vor dem Abrutschen ins Nirvana und ist bis heute der erfolgreichste DOKKEN Song geblieben.
Leider ist „Tooth And Nail“, trotz des hörbar gereifteren Songwritings, am wenigsten gut gealtert. Dies liegt in erster Linie an dem undifferenzierten, mit den damals typischen Hallfahnen verhangenen Sound. Zuviele Köche verderben den Brei, was hier eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird: Da der Rest der Band (allen voran George Lynch) Don Dokken’s Wunschproduzent Michael Wagener skeptisch gegenüber steht, wird ein der Großteil der Scheibe von Roy Thomas Baker und Tom Werman produziert, den Rest (oder besser gesagt, den Gesang) erledigen der Sänger und sein Kumpel separat von den anderen. Es ist schon lustig zu erfahren, dass Dokken und Lynch bei keinem Ihrer gemeinsamen Alben jemals zusammen im Studio gearbeitet haben. Als einzigem der von Rock Candy neu aufgelegten Alben wurden „Tooth And Nail“ 2 Bonustracks spendiert: ein recht verzichtbarer Single-Edit von „Just Got Lucky“ und eine interessante, um ein Intro erweiterte, Liveaufnahme von „Alone Again“ (die allerdings auch auf der Live Scheibe „Beast From The East“ vertreten ist und den meisten Fans daher wohl schon bekannt sein dürfte).
Under Lock And Key (1985)
Spielzeit: 42:27 min.
„Under Lock And Key“ ist das rundeste Werk der drei hier vorgestellten und geht als Blaupause für das (sehr starke) Don Dokken Sololalbum „Up from the Ashes“ durch. Als erstes springt einen der, auch für heutige Verhältnisse, fantastische Sound an – nie wieder haben Lynch’s Gitarren so fett und geil geklungen wie auf der dritten Platte der Band. Hauptverantwortlicher hierfür ist neben dem wieder engagierten Michael Wagener auch Produzent Neil Kernon (Queensryche, Streets, Britny Fox) der der Scheibe einen deftigen Klang verpasst hat. Das Eröffnungstrippel, bestehend aus „Unchain the Night“, „The Hunter“ und „In My Dreams“ bietet hochmelodische Rocker, garniert mit Lynch’s messerscharfen und herrlich eigenständigen Soli. Zwar gibt es mit dem furchtbar cheesigen „Slippin‘ Away“ auch einen regelrechten Totalausfall zu vermelden – aber so etwas passiert halt, wenn man seinen Sound gnadenlos auf Mainstream poliert. Diese Herangehensweise bescherte der Band eine weitere Etappe auf der Erfolgsspur und der erhöhte Zuckergrad machte sich keineswegs negativ bemerkbar, denn da waren ja immer noch die kernigen, härteren Tracks wie „Lightnin‘ Strikes Again“ oder „Til The Livin‘ End“ die die Rock-Credibility bewahrten und die Fans an die Kasse und vor den MTV-Fernseher lockten. Und über allem thront Lynch’s sagenhaftes Gitarrenspiel, das sich einmal mehr als perfekter Gegenpart zu Dokken’s charismatischer Stimme etablierte.
Nach einem weiteren starken Dokken Album („Back For The Attack“, 1987) war dann zwar leider die Luft raus und die klassische DOKKEN Besetzung implodierte aufgrund der Bandinternen Zwistigkeiten. Die nun von Rock Candy neu aufgelegten ersten drei Alben sind, mit Ausnahme des Debüts, aber Pflichtveranstaltungen für jeden Melodic Metal Fan, gelten sie doch auch heute noch als Paradebeispiele für typischen 80er Hair/Melodic Metal mit all seinen Klischees. Über die Remaster-Ergebnisse kann man streiten, verschlimmert wurde jedenfalls nichts, aber aus einem an der Basis schon bescheidenen Mix wie „Tooth And Nail“ kann auch moderne Techik nichts rumreissen.
WERTUNG:
(Breaking The Chains)
(Tooth And Nail)
(Under Lock And Key)
Trackliste:
01. Breaking The Chains
02. In The Middle
03. Felony
04. I Can’t See You
05. Live To Rock (Rock To Live)
06. Nightrider
07. Seven Thunders
08. Young Girls
09. Stick To Your Guns
10. Paris Is Burning (Recorded Live In Berlin, December, 1982)
01. Without Warning (Instrumental)
02. Tooth and Nail
03. Just Got Lucky
04. Heartless Heart
05. Don’t Close Your Eyes
06. When Heaven Comes Down
07. Into the Fire
08. Bullets to Spare
09. Alone Again
10. Turn On the Action
11. Just Got Lucky (Single Edit)
12. Alone Again (Live In Japan)
01. Unchain the Night
02. The Hunter
03. In My Dreams
04. Slippin‘ Away
05. Lightnin‘ Strikes Again
06. It’s Not Love
07. Jaded Heart
08. Don’t Lie To Me
09. Will The Sun Rise
10. Til The Livin‘ End
Mario