Band: Ohrenfeindt
Album: Motor An!
Spielzeit: 41:39 min.
Stilrichtung: Hardrock
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 18.09.2015
Homepage: www.ohrenfeindt.de
Da hat man die Ehre, eine Rezension für die wohl coolste deutschsprachige Rock´n Roll Band zu schreiben – und dann fällt einem auf Gedeih und Verderb kein ebenbürdiger Anfang dafür ein. Na das kann ja heiter werden. Versuchen wir es doch einfach mal den nackten Tatsachen – trifft sich ja auch ganz gut – immerhin nennen OHRENFEINDT St. Pauli ihre Heimat: seit 1994 lärmen OHRENFEINDT nun schon durch die Gegend, dabei hatte es Chefdenker, Bassist und Sänger Chris Laut nicht immer leicht. Die Besetzung des Powertrios wurde speziell in der letzten Zeit ordentlich durcheinandergewirbelt. Denn nach dem Ausstieg von Dennis Henning und Flash Ostrock steht Chris Laut erstmal alleine und bedröppelt in der Gegend herum. Für das letzte Album „Auf die Fresse ist umsonst“ bekommt er zwar in Henny Wolter (THUNDERHEAD) und Stefan Lehmann (TORFROCK) bekommt er zwar prominente Unterstützung im Studio, im Grunde ist und bleibt die Platte aber eine Art Soloalbum. Auf dem sechsten Studiowerk „Motor An!“ ist alles anders. Nicht nur dass mit Pierre „Keule“ Blesse (Gitarre) und Andi Rhode (Schlagzeug) zwei neue Mucker an der Seite von Chris Laut stehen, das Songwriting der Platte entstand erstmals gemeinsam. Bisher war Laut immer für derartige Dinge zuständig.
„Motor An!“ ist also ein in vielerlei Hinsicht anders als die anderen Silberscheiben, die es beim Dealer Eures Vertrauens zu kaufen gibt. Angefangen vom gewohnt rauen Charme der Kiezrocker, der durch die Reibeisenstimme von Chris Laut und die bekannten drei Akkorde geprägt wird, bis hin zu einem viel kompakteren und variableren Songwriting. Eines bleibt aber beim Alten: OHRENFEINDT geben Vollgas und machen keine Gefangenen. Das wird mit dem ersten Ton des ersten Stücks „Zeit für Rock´n Roll“ klar. Hier ist dem Kiez-Trio erneut ein Ohrwurm geglückt. Ganz im Stile ihrer Hits wie „Rock´n Roll Sexgott“ sind diese knapp dreieinhalb Minuten der perfekte Opener für jedes Konzert der Krawallbrüder. Im weiteren Verlauf bekommen viele ihr Fett ab: angefangen von der deutschen Bahn sowie der kompletten Hotline-Infrastruktur Deutschlands („Die Hoffnung stibt zuletzt“), dem Finanzamt („Früh oder später“) oder manch geldgeile Lady, die meint, sich mit ihrem Aussehen ein besseres Leben kaufen zu können („Reich würde schon reichen“).
Aber natürlich motzen die Hamburger nicht nur rum, sondern sie huldigen natürlich den schönen Dingen des Lebens und allem, was ihnen lieb und teuer ist. Das ist in musikalischer Hinsicht natürlich immer noch die Riffmaschine AC/DC, und doch musizieren OHRENFEINDT auf „Motor An!“ so abwechslungsreich wie nie. Aber sie widmen ihre Songs auch solch schönen Themen wie Frauen („Für Rock´n Roll gebaut“) oder Fussball. Mit „1910“ haben sie ihre Liebeserklärung an ihren Verein verfasst. Das ist natürlich – Ihr werdet es schon an der Jahreszahl der Gründung erkannt haben – St. Pauli. Vielleicht wird ja mal was draus und „1910“ läuft im Stadion, das Zeug dazu hätte der Song. Dass OHRENFEINDT sogar Gefühle zeigen können, beweisen sie auf „Aus“, einer schönen Ballade.
Ihr seht, „Motor An!“ hat alles, was ein Rock´n Roll Album braucht – und noch einiges mehr. Nachhaltigkeit, Originalität und gute Songs zum Beispiel. Wie man es dreht und wendet: das sechste Album der Kiez Rocker ist auch ihr stärkstes. Also, Anlassknopf gedrückt und „Motor An!“.
WERTUNG:
Trackliste:
1. Zeit für Rock´n Roll
2. 1910
3. Die Hoffnung stirbt zuletzt
4. Nimm die Kohle und renn
5. Gib mir mein Problem zurück
6. Früh oder später
7. Motor an!
8. Aus
9. Für Rock´n Roll gebaut
10. Reich würde schon reichen
Stefan