Band: Avatar
Album: Feathers & Flesh
Spielzeit: 70:44 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Another Century
Veröffentlichung: 13.05.2016
Homepage: www.avatarmetal.com
AVATAR haben eine beachtliche Entwicklung hinter sich gebracht. Von einer reinrassigen Death Metal Kapelle hin zu einer Band mit unverwechselbarem Sound und Image hat auf ihrem letzten Album „Hail The Apocalypse“ (Rezi HIER) die Abwechslung mehr als je Zuvor Einzug gehalten. Diese Transformation wollen die Schweden mit ihrem neuen Dreher „Feathers & Flesh“ weiterführen – ihrem ersten richtigen Konzeptalbum. Und so ist in weiten Teilen des Album nicht mehr viel vom ungestümen Death Metal der Anfangstage übrig geblieben. „Feathers & Flesh“ besticht eher durch vielschichtige Songstrukturen, die zwar nicht immer auf Anhieb zu ergründen sind, und eine mittlerweile sehr eigenständige Handschrift. Sänger Johannes Eckerström setzt seine Stimme sehr variabel ein. Von harten Growls bis hin zu melancholischen Passagen hat dieser Ausnahmekünstler alles drauf. Dass nicht nur die einfallsreichen Videoclips (die alle auf dem eigenen Mist der Band gewachsen sind) in der Vergangenheit ganz große Klasse waren, ist ein weiterer Beweis für die Genialität dieser Band.
Ich muss gestehen, die Geschichte, die „Feathers & Flesh“ zugrunde liegt, ist sehr komplex. Frontmann Johannes Eckerström umschreibt diese so: “It’s a fable about an owl who goes to war to stop the sun from rising. It’s a tragic story of someone ultimately being set up to fail. She will learn many lessons and encounter many other creatures with ideas of their own. In the end, however, one must ask if something was learned at all.” Dementsprechend widmen wir uns natürlich in erster Linie der Musik auf diesem 16 Tracks umfassenden Werk. Nur so viel: zusätzlich zum Album erscheint ein 60-seitiges Hardcoverbuch, das die komplette Geschichte aufrollt. In ein handelsübliches Booklet hat sie also nie und nimmer gepasst.
Dementsprechend komplex gestaltet sich auch die Mehrzahl der 16 Stücke. Beginnt die Platte mit dem Intro „Regret“ und dem herrlichen Nackenbrecher „House Of Eternal Hunt“ noch markig und voller metallischer Momente a´la AVATAR, schlägt der Wind nach dem Ohrwurm „The Eagle Hast Landed“ (dem wohl einzigen offensichtlichen Hit der Platte) schnell um bzw. mitten ins Gesicht des Hörers. Denn wer bisher dachte, Heavy Metal der Marke AVATAR sei unkompliziert und schnell durchschaubar, hat sich dieses Mal geirrt. Beinahe verletzlich und zart tönt Sänger in Teilen von „New Land“, nur um danach wieder einige Growls rauszuhauen. Generell legen die Schweden auf „Feathers & Flesh“ viel Wert auf Abwechslung und ausufernde Arrangements.
Das wilde „Tooth, Beak & Claw“ beginnt wie ein Klon des Strophenteils von MEGADETH´s „Sweating Bullets“, nur um kurze Zeit später eine wilde Fahrt der Marke „Pumpkin & The Honey Bunny“ aus dem Film „Pulp Fiction“ zu eröffnen – in metallischer Version versteht sich. Nach dem kurzen wie verstörenden „For The Swarm“ ist vielleicht für den ein oder anderen das Ende der Fahnenstange erreicht, was Experimente angeht. Aber keine Bange, das fast komplett akustische „Fiddler´s Farewell“, das von der Vocalperformance an die Glanzzeiten eines jungen ALICE COOPER erinnert, oder mit Nummern wie dem schleppend bedrohlichen „Black Waters“, dem sicherlich trinkfreundlichen „Night Never Ending“ oder dem kräftig wie mechanisch klingenden „Pray The Sun Away“ gibt es genügend Material, das nach ein paar Hördurchläufen besser in die Gehörgänge läuft – Steigerung garantiert. Und mit dem Doom-mässigen „When The Snow Lies Red“ haben AVATAR sogar noch einen weiteren potentiellen Hit geschaffen. Das majestätische „Sky Burial“ könnte auch als Seriensoundtrack für diverse Blockbuster der Marke „Game Of Thrones“ etc. durchgehen und nach dem nur gut einminütigen Wutausbruch „I´ve Got Something In My Front Pocket For You“ und dem in schwedischer Sprache gesungenen Abschlussbrocken „Det Är Alldeles Försent“ (was übersetzt „Es ist viel zu spät“ bedeutet) ist nach gut 70 Minuten Schluss.
AVATAR mausern sich immer mehr zum ultimativen Erlebnis im Metalbereich: die Schweden vereinen ausgeklügelte Songs mit einer vielschichtigen Story und präsentieren mit „Feathers & Flesh“ ihr bis dato ambitioniertestes Werk. Einziges Manko ist vielleicht, dass dabei nicht so viele offensichtliche Einzelhits herausspringen wie auf ihren beiden Vorgängerplatten. Als Ganzes funktioniert „Feathers & Flesh“ aber ausgezeichnet, es braucht nur ein wenig Geduld, um die ganze Tiefe dieses Silberlings zu ergründen.
WERTUNG:
Trackliste:
1. Regret
2. House Of Eternal Hunt
3. The Eagle Has Landed
4. New Land
5. Tooth, Break & Claw
6. For The Swarm
7. Fiddler´s Farewell
8. One More Hill
9. Black Waters
10. Night Never Ending
11. Pray The Sun Away
12. When The Snow Lies Red
13. Raven Wine
14. Sky Burial
15. I´ve Got Something In My Front Pocket For You
16. Det Är Alldeles Försent
Stefan