Band: Defecto
Album: Nemesis
Spielzeit: 55:58 min.
Stilrichtung: Heavy/Progressive Metal
Plattenfirma: Black Lodge
Veröffentlichung: 16.03.2018
Homepage: www.defecto.dk
(Nachtrag vom 20.03.2018: von 9,5 auf 10 hochgestuft. Die Scheibe ist einfach zu perfekt.)
Sind Ihre Lautsprecher auch verklebt und verkrustet von all dem seicht poppigen Power-Metal-Geschmalze, das Sie immer hören? Benutzen Sie DEFECTO NEMESIS, um den Schmock in Windeseile aus den Boxen zu blasten! Man kann diese Band wohl guten Gewissens als Ausnahmeerscheinung bezeichnen, denn nicht nur bestach sie mit einem sehr guten Debutalbum, das ihr unter anderem Slots als Vorbands von Rammstein und Metallica bescherte, sondern haut mit ihrem zweiten Album “Nemesis” ein Werk raus, das man guten Gewissens als wahnsinnig bezeichnen kann.
Erstklassig produziert und mit fast einer Stunde Spieldauer ist NEMESIS zuerst einmal eins: verdammt hart für ein derart melodieorientiertes Album. Das liegt primär an der unbarmherzigen und fantastischen Riffarbeit der Jungs aus Dänemark, die partiell Death-metallische Züge aufweist, sekundär an der stimmlichen Leistung von Nicklas Sonne, der cleanen Gesang ebenso beherrscht wie böses Gegrowle, und an den apokalyptischen Orchestralarrangements, die mit denen von, sagen wir einfach mal, RHAPSODY gar nichts zu tun haben.
Doch damit nicht genug. Denn NEMESIS bezieht seinen Efecto ( -.- ) aus der Wechselwirkung von musikalischer Härte und großartigen Kompositionen.
Schon “Nemesis” (was ein fetter Anfang) knallt dem interessierten Hörer eine Refrainmelodie vor den Latz, die sich gewaschen hat und vom anschließenden “Endlessly Falling” (auch so ein Übersong) vielleicht noch knapp überboten wird. “Savage” rollt anschließend heavy rock’n’rollig auf der Harley heran, inklusive köstlichem TWISTED-SISTER-inspiriertem Video. Dem folgt direkt der nächste Höhepunkt, “The Nameless Apparition”, mit einer durchgehend unkonventionellen Melodieführung, die so verdammt gut funktioniert, dass die Frage aufkommt, warum die Idee vorher noch niemand hatte.
“The Sacrificed” und “Ascend To Heaven” sind die beiden Balladen auf NEMESIS (wobei man diese Bezeichnung bei letzterem Song dank seines Mittelteils nur eingeschränkt verwenden sollte), die recht düster und mit einer guten Portion Pathos, aber ohne großartig Kitsch und sehr gelungen daherkommen. Und während “Ablaze” vergleichsweise elektronisch ausfällt, mit exzellentem Synth-Einsatz und einem feinen Mittelteil, ist “Gravity” eine Mischung aus METALLICA und dem Lied, das HAKEN sich noch auf ihrem letzten Album gewünscht hätten.
Zusammenfassend: Es ist einfach wohltuend, sich neben dem ganzen fröhlichen Power-Metal-Spaß auch mal etwas DEFECTO zu geben. Diese Härte, diese Melodien, diese Arrangements, dazu diese Orchestralsynths und nicht zuletzt dieser großartige Sänger miteinander kombiniert machen aus NEMESIS jetzt schon eins der besten Alben des aktuellen Jahres. Es ist in höchstem Maße respektabel für eine 2011 gegründete Band, auf ihrem zweiten Album derartige Qualität mit echtem Wiedererkennungswert zu liefern, mit gerade einmal zwei bis drei Liedern, die minimal schwächer ausfallen. Auf dem Siegertreppchen des dänischen Metal sollten VOLBEAT zweifelsohne momentan fürchten, demnächst von Platz zwei auf Platz drei abzusteigen.
Anspieltipps:
“Nemesis”, “Endlessly Falling”, “Savage”, “The Nameless Apparition”, “Gravity” und “Ablaze”
Fazit:
Ich glaube, es ist inzwischen rübergekommen, dass ich nur deshalb nicht zu jedem der Leser, die nach diesem Review nicht in NEMESIS reinhören, nach Hause komme und sie dazu zwinge, weil mir die Adressen fehlen. Außerdem ist mein Navi defecto. Ehrlich, hört mal rein.
WERTUNG:
Von:
Nach:
Trackliste:
01. The Final Night Of Silence
02. Nemesis
03. Endlessly Falling
04. Savage
05. The Nameless Apparition
06. The Sacrificed
07. Ode To The Damned
08. Gravity
09. Ablaze
10. Before The Veil
11. We’re All The Enemy
12. Ascend To Heaven
Jannis