ECLIPSE Interview

Am 21.03. war es endlich so weit: mein erstes Interview stand an und ich war mächtig aufgeregt. Was für ein Glück, dass meine ersten Interviewpartner Erik Mårtensson und Magnus Henriksson von Eclipse waren! Die zwei netten Schweden haben mir meinen Job denkbar einfach gemacht und so war es letzten Endes ein sehr angenehmes Gespräch im Herzen Berlins, genauer im Hard Rock Café. Nun könnt ihr also auf den nächsten Seiten unter anderem nachlesen, wie das Album entstand, wovon einige Texte inspiriert sind, was das musikalische Erbe der Band sein soll und warum so viele tolle Bands aus Schweden kommen. Viel Spaß!

L.C: Erst einmal danke für ein weiteres tolles Album! Ihr habt wohl bemerkt, dass es fast nur positives Feedback gibt, würdet ihr euch nicht auch mal Verbesserungsvorschläge wünschen?

E.M: Ganz einfach, such’ einfach nach schwedischen Reviews, da sind eine Menge Verbesserungsvorschläge drin! Aber ja, wir haben tatsächlich das Privileg vieler guter Reviews.

M.H: Ich schätze es auf jeden Fall wenn jemand eine Meinung zur Musik hat, auch wenn er/sie sie nicht mag. Ich höre es gerne, aber natürlich kann es auch nicht jeder mögen.

E.M: Jeder hat verschiedene Meinungen bei jedem Album und nicht jeder kann jedes Album lieben. Sogar die Jungs in der Band haben verschiedene Meinungen, aber man kann es halt nicht jedem Recht machen. 

L.C: War der Entstehungsprozess bei diesem Album anders als bei den anderen?

E.M: Nicht übermäßig, ich bin von Stockholm aufs Land gezogen und habe dort ein neues Studio gebaut, das ist die größte Veränderung. Anstatt ein unterirdisches Studio zu haben ist es jetzt überirdisch, wir können also die Sonne sehen. Dieses Album ist also wie wir uns anhören, wenn wir Sonnenlicht haben.

L.C: Also wart ihr alle etwas glücklicher wegen der Sonne?

M.H: Absolut, das schlägt sich in der Stimmung nieder. Ich erinnere mich an dein (Eriks) alten Keller, nach einer Weile musst du einfach raus, weil du nichts siehst außer der Wände. 

E.M: Und wenn du ein Studio in Stockholm hast ist es immer im Keller, die anderen sind zu teuer und du kannst keinen Lärm machen. Ich musste also immer ‚runter‘ laufen um Musik zu machen, jetzt gehe ich einfach nur ‚rein‘. 

L.C: Als ihr mit dem Album angefangen habt, hattet ihr da eine klare Version davon was ihr haben wolltet oder kam das währenddessen? 

E.M: Nicht wirklich. Man kann es auch zu sehr überdenken. Es dreht sich einfach alles um die Songs. Man beginnt Songs zu schreiben und die, die gut sind kommen auf das Album. Wenn du dann 6 oder 7 gute Songs hast, fängst du an ein Muster zu sehen wie sich das Album anhören wird. Also wir planen nicht wirklich, sondern die Songs an sich sind immer der Fokus bei uns. 

M.H: Jedes Mal, wenn wir versuchen zu planen, funktioniert es nicht. Wir versuchen nie es in eine bestimmte Richtung gehen zu lassen, es funktioniert nicht, du musst es einfach fließen, einfach aus dir raus kommen lassen. 

L.C: Gibt es jemanden außerhalb der Band, der direkten Einfluss auf die Songs hat oder macht ihr alles selbst?

E.M: Nein, es gibt noch andere. Da sind zwei Typen mit denen wir zusammen gearbeitet haben, einer ist Johan Becker und der andere heißt Michael, mit dem wir schon lange zusammen geschrieben haben, mindestens seit den letzten drei Alben. Sie gehören zwar nicht zur Band, sind aber durchaus ein Teil des Songwritings. 

M.H: Das sind die Typen zu denen wir gehen, wenn wir feststecken. 

E.M: Es ist immer gut Leute von außen dabei zu haben, weil du sonst immer wieder dieselben Songs schreiben würdest und wenn du mit jemand anderem schreibst, bringt derjenige wieder etwas anderes rein. Und letzten Endes wird es weder ein Song wie seiner sein, noch wie deiner, sondern irgendetwas dazwischen. 

L.C: Ok, das heißt also, dass auch wenn ihr schon eine ganze Weile Musik schreibt, seid ihr immer noch offen für Vorschläge von außen.

E.M: Natürlich, mehr und mehr. Wenn du alles selbst schreibst und deine Songs am Ende nicht gut genug sind, hast du verloren. Es ist besser Einflüsse und Inspiration von außen zu bekommen. Die Fans interessiert es nicht wer das Album geschrieben hat, sondern ob die Songs gut sind oder nicht. Ich denke, viele Bands vergessen das manchmal und es geht mehr um Egos und die Show. 

L.C: Für mich vermitteln viele eurer Songs eine sehr ermutigende „Was dich nicht umbringt, macht dich härter“-Einstellung, ist das Absicht oder denkt ihr da gar nicht drüber nach?

E.M: So bin ich als Person einfach…

L.C: Kommt also ganz natürlich…

E.M: Ich denke schon. Weiß nicht…wie sieht’s bei dir aus? (an Magnus) Oder bist du eher so ein „Wenn es mich umbringt, bringt’s mich eben um“-Typ?

M.H: Hm, ich war nicht so sehr ins Texte schreiben eingebunden, aber ich würde sagen, da wird schon viel von Erik und Michael reflektiert, die die Texte geschrieben haben.

E.M: Manche Songs sind wirklich dunkel und manche sind so wie du sagst, aber das ist einfach das was du tun solltest. Wenn etwas passiert, stehst du wieder auf und gehst weiter. Man gewinnt nichts mit Rumsitzen und Selbstmitleid. So ist das Leben und es geht immer weiter. 

M.H: Manchmal kann es auch ein Trost sein, sich einen Song anzuhören von jemandem, dem es viel schlechter geht als einem selbst. Wenn du niedergeschlagen bist willst du nicht immer einem Gewinner zuhören und dir denken „Ok, so werde ich niemals sein“, das ist kein Trost. 

E.M: David Coverdale hat dauernd ein total gebrochenes Herz, es gibt niemanden mit einem gebrochenerem Herz als ihn, aber wenn du ihn siehst, sieht der gar nicht danach aus.

M.H: Nein, der sieht eigentlich ganz glücklich aus.

L.C: Wollte ihr eure Fans zu irgendetwas inspirieren, wenn sie eure Musik hören oder bei euren Shows sind?

E.M: Nein, nicht wirklich. Ich hab da keine Ambitionen, wir machen die Musik, aber ansonsten…

M.H: Ich hoffe sie verlassen unsere Show mit einem positiven, glücklichen Gefühl und etwas Energie der Show. Den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zu bringen ist das worum es geht. Unterhaltung, Spaß zusammen haben…

L.C: Gibt es ein bestimmtes Erlebnis oder eine Erfahrung, die euch zu einem der Songs auf dem neuen Album inspiriert hat?

E.M: Ja, ich denke viele Songs sind von etwas inspiriert über das ich schreiben möchte, aber ein bestimmtes Ereignis…welche Songs sollten das sein?

M.H: Es gibt einen Song auf dem Album namens ‚Downfall Of Eden‘, der zeitgleich zu den Wahlen in den USA entstand. Das war die schmutzigste Kampagne überhaupt und der Song ist davon etwas inspiriert. „The king is just a court jester, the king ain’t nothing but a fool (…) The queen is selling you a nightmare, the queen says anything to win…”, das kann man mit Hillary und Donald verbinden. 

E.M: …und ‘Hurt’, die Ballade, ist darüber jemanden zu sehen, der gerade jemanden sehr nahestehenden plötzlich verliert, darüber demjenigen die schlimmste Nachricht überhaupt zu überbringen. Also jeder Song hat seine Inspiration, anders würde es weder für einen selbst noch für den Zuhörer Sinn ergeben. Wir sind eben keine Band, die über Party und Mädchen singt…

L.C: Was am Musiker sein bzw. in einer Band sein gefällt euch am meisten und was am wenigsten?

E.M: Gute Frage. Am meisten ist es das Live-Spielen und überhaupt die Liebe zur Musik. 

M.H: Wenn du selbst spielst ist das der beste Job der Welt, denn wenn wir zur Arbeit gehen bekommen wir Applaus, sofortige Anerkennung und Belohnung…der Typ, der bei 7/11 arbeitet bekommt keinen Applaus – ein bisschen unfair, weil jeder sollte Applaus bekommen. Und wir reisen viel, das ist auch eine große Belohnung. 

E.M: Die Kehrseite für mich ist das Musikbusiness. Ich mag die Musik aber nicht das Business. Außerdem streitet man sich innerhalb der Band und hat verschiedene Meinungen darüber, was richtig und falsch ist, also ist es schwierig als Team zu arbeiten. Wir kommen schon seit einigen Jahren damit klar, aber es hat trotzdem seine Hochs und Tiefs. Die Sonnenseite ist aber auf jeden Fall die Musik.

M.H: Auf der anderen Seite ist es sehr schön die vielen Erfahrungen als Team zu teilen. Ich meine, Elvis muss sich ziemlich einsam gefühlt haben als super mega Star, aber immer alleine ohne Bandkollegen mit denen er den Erfolg teilen kann. 
…und wir sind außerdem gute Freunde, also haben wir Spaß auf Tour.

E.M: Und wenn mal was nicht so läuft, teilen wir das auch und dann fühlt es sich besser an, es ist wie eine zweite Familie mit der man Gutes und Schlechtes teilt.

L.C: Ihr sagt ihr mögt das Live-Spielen und das Reisen. Ihr wart ja schon in einigen Ländern unterwegs, könnt ihr vielleicht mal zwei komplett gegensätzliche Publika beschreiben?

E.M: Ja, klar. Wenn du zum Beispiel einen spanischen Fan nimmst, hört der sich an wie 10 Schweden. Spanier singen mit uns haben Spaß, während Schweden mit verschränkten Armen einfach nur dastehen. 

M.H: Ja, die sind etwas zurückhaltender und es dauert eine Weile um sie aufzuwärmen während Spanien von Anfang an der reine Karneval ist. Die können jeden Text, jedes Riff…

E.M: Spanien ist sehr einfach zu spielen, während in Schweden die Leute erstmal im Hintergrund stehen, was mich dazu animiert noch besser zu sein, so nach der Art “Den Arschlöchern zeige ich jetzt mal, dass ich gut bin.“ Normalerweise ist es dann am Ende des Konzerts ok, sie müssen nur erstmal aufgewärmt werden.

L.C: Gab es schon einmal Missverständnisse oder lustige Situationen aufgrund kultureller Unterschiede als ihr auf Tour wart?

E.M: Nicht mit dem Publikum, die üblichen Probleme gibt es mit den Organisatoren. Die Abläufe bei jedem Konzert sind eigentlich sehr standardisiert: du kommst an, du gehst Backstage, du hast die Crew, es funktioniert überall gleich.

M.H: Manche Länder sind schwieriger als andere. In Finnland, Deutschland und Japan läuft alles wie ein Uhrwerk, es ist sehr gut organisiert. Italien zum Beispiel ist eine einzige Katastrophe. Die Fans sind super, aber nichts funktioniert. Auch Spanien kann ziemlich anstrengend sein. 

E.M: Ja, in Deutschland hast du einen Techniker, der alles weiß und es zum Laufen bringt, in Spanien oder Italien hast du 6 Techniker und keiner weiß irgendwas, sogar der einfachste Job wird zum Alptraum. 

M.H: In Schweden wird die Band wie das letzte Glied der Nahrungskette behandelt…

E.M: Ja, der Techniker ist der Star…denkt er zumindest.

L.C: Ok, dann sind wir schon fast bei der letzten Frage. Ihr habt sicher bemerkt, dass die letzten Jahre einige Künstler verstorben sind. War einer dabei, dessen Tod euch besonders nahe ging?

M.H: Ja, es war ein bisschen traurig als Lemmy starb, er war ja immer da und es ist schwer sich eine Welt ohne Lemmy vorzustellen. Dass diese ganzen Leute sterben macht dir bewusst, dass wir alle sterblich sind. 

E.M: Es ist noch niemand gestorben, der einen riesigen Einfluss auf mich hatte…außer Chuck Berry…aber er war wirklich alt. Ich denke die meisten dachten „Was, der lebt noch?“. Also war noch keiner meiner großen Helden dabei, aber wenn Leute wie Angus Young etc. anfangen zu sterben wird das ein echtes Problem.

L.C: Wenn man auf Leute wie Prince oder George Michael guckt, die ja viel Musik geschrieben haben, denkt ihr deren Abwesenheit wird die Musikwelt verändern?

M.H: Die hatten sicher einen großen Einfluss auf die weltweite Musikszene, vor allem Prince…

E.M: Ich denke aber nicht, dass sie noch einen so großen Einfluss auf die Zukunft gehabt hätten, den hatten sie schon vorher.

M.H: Die haben ja die letzten Jahre nicht so viel veröffentlicht, also da waren sie schon nicht mehr auf dem Gipfel ihres Erfolgs.

E.M: Wir sind fast da, wir sind jetzt auf dem Gipfel!

L.C: Ok, dann hoffen wir mal es dauert noch bis ihr dran seid, aber was würdet ihr denn gerne zurücklassen? Was soll euer musikalisches Erbe sein?

E.M: Ich glaube nicht, dass ich ein Erbe hinterlasse.

M.H: Wenigstens ein Lied, dass in den Gesangsbüchern von Schulkindern steht. Das wäre cool. Zu Hause in Schweden singen wir viele Volkslieder in der Schule, sehr alte Lieder, also das wäre die größte Errungenschaft. 

E.M: Das wird dann aber wohl kein Eclipse-Song sein…

M.H: Nein, da müsste man schon gezielt ein Lied für die Gesangsbücher schreiben.

L.C: Oder ein weiteres Trinklied…

E.M: Das würde dir ewiges Leben garantieren.

L.C: Nein, aber ich denke auf jeden Fall, dass ihr etwas hinterlassen werdet. Eure Fans spielen ja auch in Bands und sind von euch beeinflusst, also das ist das was von euch bleibt.

E.M: Das ist cool! Ich habe mal eine Band aus Finnland gehört. Die haben eine Single rausgebracht, die genau wie ein W.E.T. –Song klang. (Anm.: Erik und Magnus wirken beide bei W.E.T. mit). Es war fast eine Kopie. Das war wirklich lustig und es ist eine tolle Sache, dass jemand so inspiriert war, dass er einen meiner Songs kopiert. Ein großartiges Kompliment, Gott weiß wie viele Songs ich selbst kopiert habe bevor ich mein eigenes Ding anfing.

L.C: Also hast auch du Sachen kopiert?

E.M: Klar, jeder fängt mit kopieren an! Jeder Künstler, jeder Maler, sogar jeder Schreiner…du kopierst einfach das, was andere vor dir gemacht haben und dann lernst du irgendwie es auf deine Art zu machen. Manche sind 19 und haben ihren eigenen Stil, andere finden ihn später und manche niemals.

L.C: Hat es bei dir lange gedauert?

E.M: Eine Weile…vielleicht mit 25…oder 30…

M.H: Es ist schwierig, vor allem in der Melodic Rock Szene.

E.M: Ja, zu Beginn der 2000er wurdest du ausgelacht, wenn du diese Musik gespielt hast, weil es einfach so altmodisch war. Jüngere Bands heute können sich das gar nicht mehr vorstellen, weil sie es nicht mitbekommen haben, aber du warst ein verdammter Idiot, wenn du diese Musik gespielt hast. Das hat es wirklich schwer gemacht deinen eigenen Stil zu finden, denn du hast versucht Musik zu schreiben, die anderen gefällt, nicht dir selbst. Später haben wir das aufgegeben und es auf unsere Weise gemacht und dann kam auch der Erfolg.

L.C: Warum kommen so viele Bands aus diesem Genre ausgerechnet aus Schweden?

E.M: Naja, es geht mit einem los und dann kommen die nächsten und sagen “Wenn die das können, können wir das auch”. Wenn du eine Band aus den USA siehst, kannst du dich nicht damit identifizieren, es ist wie Fiktion, aber wenn du dann eine Band aus deiner Heimatstadt siehst, die die Musik macht, die du magst, kannst du dich damit identifizieren und denkst du könntest das auch. Und dann verbreitet es sich wie ein Virus…oder eher etwas Gutes. Es wird zum Wettbewerb und zur Inspiration für alle. Also hast du Eclipse und dann H.E.A.T und vorher waren es Treat und Europe und jetzt gibt es Art Nation…

M.H: Wir können alle diese Bands zu Europe rückverfolgen, inklusive uns selbst. Und wir haben eine tiefe musikalische Tradition in Schweden, mit Volksmusik und Melodien, du kannst umsonst Musikunterricht nehmen wenn du möchtest, es gibt einfach viele Optionen, wenn du Musik machen willst.
 

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