EMOLECULE – The Architect

Trackliste:

01. eMolecule
02. The Architect
03. Prison Planet
04. Mastermind
05. Dosed
06. The Turn
07. Awaken
08. Beyond Belief
09. The Universal
10. My You
11. Moment Of Truth

Spielzeit: 69:54 min – Genre: Progressive Metal – Label: Century Media/InsideOutMusic – VÖ: 10.02.2023 – Page: www.facebook.com/emolecule_official

 

Optimismus für die Zukunft ist ja aus vielen unterschiedlichen Gründen momentan nicht unbedingt ein Trend. Lassen wir ihn an dieser Stelle einfach trotzdem mal zu: Ich glaube, 2023 wird ein hervorragendes Jahr für gute Musik, einfach weil die Alben, die ich im in diesem Jahr bislang rezensiert habe, im Schnitt verdammt gut waren – und weil EMOLECULEs „The Architect“ genau so weitermacht. Century Media, das Artwork, das kurze Anspielen eines Songs vor der Übernahme der Platte; all das war einerseits ein Grund zur Vorfreude, aber auch zur kleinen Sorge, dass hier Technik über Seele gestellt wird. Naja, sagen wir so, die Vocals bestätigen die Sorge minimal, sind sehr sauber aber weniger emotional. Aber hey, Herz steckt nichtsdestotrotz in „The Architect“.
Zuerst einmal zum Offensichtlichen. Was eine Produktion. Geil. Fett, glasklar, top, nix zu meckern. Das ist insbesondere wichtig, weil Programming/Sounddesign eine sehr wichtige Rolle beim Debutalbum des kanadischen Duos spielt. Elektronische Mittel werden großflächig eingesetzt und in all ihren Facetten ausgereizt, von diversen Synth-Sounds über Glitch-Effekte, E-Drums und Bass-Synths (natürlich nicht immer, aber eben da, wo es passt), Vocal-Effekts, Rises, die man normal eher aus Clubmusic kennt, etc. Alleine schon dadurch ist „The Architect“ ungeheuer detailreich und immer wieder überraschend. Kompositionstechnisch arbeitet man ebenfalls psychologisch smart, baut Songs nicht unbedingt konventionell auf, sondern macht sie zu einer unvorhersehbaren Erfahrung – soweit also irgendwie DEVIN-TOWNSENDisch mit weniger Peace & Love. Generell sind EMOLECULE in der ersten Hälfte des Albums weniger „radiotauglich“ unterwegs als in der zweiten, wo auch die ein oder andere poppige Melodie oder Halbballade stattfinden darf. Stark sind beide Hälften ganz ohne Frage. Und obgleich „The Architect“ sehr, sehr modern ausfällt (auf eine gute Weise), wird der Freund progressiven Rocks/Metals auch immer mal wieder eine kleine Rückbesinnung auf die Prog-Stile der letzten Jahrzehnte finden, bevor dann wieder irgendwas anderes Krasses passiert.
Kritik? Reduziert sich für mich persönlich auf den etwas nervigen Refrain des letzten Songs und darauf, dass einige Melodien ohne das ganze krank ausgearbeitete Drumrum doch unspektakulär ausfielen. Aber das ist, als würde ich einen leckeren Burger dafür kritisieren, dass er weniger lecker wäre, wenn ich ausschließlich die Brothälften essen würde.
Und natürlich: Hardliner mögen sich von den stilistischen Freiheiten, der großen Menge an Elektronik und den gleichzeitigen poppigen Ausflügen des Albums gestört fühlen („Das ist doch kein echter Metal“). Tja. Dann hört man’s halt nicht.

Fazit:
Sollte man aber, wenn man komplexe harte Musik mag, die ihren Selbstwert nicht aus „Du musst das mögen, weil Du nicht verstehst, was wir machen“ zieht, aus brutalem Programming einen dicken Unterhaltungsmehrwert rausholt, eine ganz eigene Atmosphäre entwickelt und bereit ist, Konventionen komplett hinter sich zu lassen. Und all das auf ganz hohem Niveau.

Anspieltipps:
„The Turn“, „Beyond Belief“, „The Universal“ und „eMolecule“

Jannis

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