Es gibt Metalbands die polarisieren die Metalheads in aller Welt. Genau so eine Band sind die deutschen FREEDOM CALL. Entweder man hasst sie, oder man liebt sie. Ich gehöre zu letzter Sorte und von daher war es mir eine Freude mit den Jungs ein Schwätzchen zu halten. Denn es gab viel zu besprechen. Die Jungs rund um den Gründer und einzigen Urmitglied Chris Bay feiern mit dem neuen Album ihr 25 jähriges Bandbestehen. Grund genug mal ein paar Worte mit Chris zu wechseln!
J.P: Hallo Chris. vielen Dank das du dich mir zur Verfügung stellst und mir ein paar Fragen zu eurem neuen Album und zur aktuellen Situation beantwortest. Das neue Album ist euch ja mal wieder hervorragend gelungen, wie lief denn der Aufnahmeprozess ab? Von wann bis wann ist denn das Album entstanden?
C.B: Also aufgrund der damals recht schrägen und schwierigen Zeit (Corona) lief das etwas anders ab als gewohnt. Normalerweise spielt man die Tour fertig, leckt ein bisschen die Wunden und dann entstehen schon wieder die ersten Ideen und man überlegt direkt in welche Richtung das nächste Album gehen könnte.
Dieses Mal sind wir ja jäh unterbrochen worden, den Großteil der Tour konnten wir spielen, aber gerade der asiatische Raum musste größtenteils ins Wasser fallen! Die Situation war ja wie für uns alle erstmals recht perspektivlos und man dachte okay das geht in ein paar Wochen vorbei aber dann wurde es immer länger und länger.
Und dann fehlte einem irgendwie die Motivation und Inspiration. Noch dazu bedienen wir ja mit unserem Happy Metal eine besondere Sparte, was natürlich gar nicht in die Zeit und die Situation gepasst hat!
Natürlich gab es erste Songansätze aber die passten irgendwie überhaupt nicht zu FREEDOM CALL. Und unser Ziel ist ja auch immer das Beste Album zu schreiben was möglich ist.
Als es dann irgendwann wieder etwas lockerer wurde ging es dann auch relativ schnell, die Songideen die sich in den Monaten angesammelt hatten stellten sich dann doch insgesamt nicht als zu schlecht heraus und dann ging es schon ab ins Studio und wir haben die ersten Schlagzeugspuren aufgenommen!
Bei uns laufen die Aufnahmen auch sehr solitär ab, in meiner ganzen Laufbahn habe ich es noch nie erlebt das die Band zusammen im Studio geschrieben hat sondern immer jeder für sich daheim. So läuft es halt auch bei uns.
Die Vision des Sounds und der Band eint einen dann, da kann man auch einzeln arbeiten.
Ende 2023 war das als wir die ersten Schlagzugaufnahmen getätigt haben und da ja alles gut vorbereitet war ging das dann danach alles recht schnell über die Bühne.
J.P: Mit dem neuen Album feiert ihr euer 25 jähriges Bandbestehen! Eine wahnsinnige Zahl! Ich will mich ja nicht outen aber ich bin auch Fan von euch, kann mich noch gut erinnern als ich eure erste Scheibe in den Händen hielt, und bis heute kamen da einige dazu.
Hast du damals bei der Gründung damit gerechnet das es euch heute noch gibt und nach wie vor ziemlich beständig?
C.B: Also natürlich denkt man an so was zu Beginn überhaupt nicht, sondern es ist einfach eine unglaublich aufregende Zeit, die erste eigene Band. Ich hatte ja vorher schon die ein oder andere Band wo ich mitgespielt habe, MOON DOC z.B. mit Herman Frank, aber FREEDOM CALL war dann die Erste eigene Band.
Der erste eigene Plattenvertrag, zusammen damals mit meinem Freund und Schlagzeuger Daniel Zimmernann gegründet, Ilker Ersin und Sascha Gerstner kamem ja erst später dazu, man sieht sich ja dann quasi schon als Vorband von BON JOVI oder so : ).
Aber es war schon so das wir sehr hoch eingestiegen sind und etwas Glück damals hatten. Direkt die ersten Touren gingen dann mit ANGRA, EDGUY und SAXON. Da hatten wir unglaublich gute Supportplätze und auch viel Unterstützung von Charlie Bauerfeind der uns dann direkt viele Sachen ermöglichte und uns gleich bekannt machte.
Aber natürlich haben wir nie einen Gedanken daran verschwendet 25 Jahre immer noch da zu sein, zu dieser Zeit denkt man immer nur von heute bis morgen und das ist dann schon lange : )
J.P: Eine Frage zum aktuellen Lineup. Ramy ist wieder zurück! Wie kam es dazu? Warum musste Timmi, der auf dem letzten Album ja gespielt hat, wieder weichen, oder hat er von selbst aufgehört?
C.B: Das letzte Album hat tatsächlich nicht Timmi eingespielt sondern Kevin Kott. Timmi kam erst später nach der Produktion dazu. Aber mit Timmi hat es aus terminlichen und organisatorischen Gründe nicht wirklich funktioniert und dann lässt man es auch relativ schnell bleiben, ohne schmutzige Wäsche zu waschen. Aber ja lass uns zu den erfreulicheren Sachen kommen. Ramy ist wieder zurück! Ein guter Freund der Band und mir, der einfach eine kleine musikalische Pause genommen um in der Zeit eine Familie zu gründen und ein Haus zu bauen. Ich denke das sind gute Gründe das man auch mal pausieren darf. Wir sind halt nur mal eine viel tourende Band und da stand jetzt bei ihm die Familie in der letzten Zeit erstmal im Vordergrund!
Er ist ja auch noch bei SERIOUS BLACK, die touren aber auch nicht so viel, und er hat auch noch eine eigene Musikschule, also noch genug zu tun für ihn außerhalb von FREEDOM CALL.
J.P: Personelle Anschlussfrage, auf eurem letzten Album hatten Gründungsmitglied Daniel Zimmermann einen Gastauftritt, das er fest zurück kommt stand nicht zur Debatte? Und was macht eigentlich das andere Gründungsmitglied Ilker Ersin so?
C.B: Also bezüglich Daniel, mit ihm habe ich vor kurzem erst geschrieben weil es in einem Social Media Post um ihn ging wo ein Südamerikaner die besten Rock und Metal Drummer seiner Meinung nach aufgelistet hat und da war Daniel auf 1. Recht hat er : ). Auch Daniel konzentriert sich momentan komplett auf seine Familie und ist Privatmann und aktuell kein Musiker mehr.
Zu Ilker habe ich leider gar keinen Kontakt mehr, ich würde mir aber wünschen das er musikalisch mal wieder was macht, er ist ein unglaublich guter Bassist!
J.P: Kommen wir mal zu den Songs auf dem aktuellen Album. Hit reiht sich ja fast an Hi! Für mich stechen vielleicht ein klein wenig „Symphony of Avalon“, „Out of Space“ und die extrem eingängigen FC typischen „High Above“ und „Metal Generation“ hervor. Kannst du uns zu diesen Songs etwas erzählen?
C.B: Also wir waren ja seit Beginn schon immer in der Melodic und Power Metalecke unterwegs, aber wir hatten auch immer schon die etwas anderen Songs, so wie du sie gerade mit „High Above“ und „Out of Space“ schon aufgezählt hast. Die Songs also für die ich und wir auch immer einen auf den Deckel bekommen das wir ja gar keine richtige Metalband mehr sind sondern eher Richtung Rock oder gar Pop abdriften! Mich reizt so was aber weil es eben was anderen ist, und das wir eine reine Metalband sind, das haben wir nie behauptet, das haben andere behauptet.
Klar wir sind in dem Genre unterwegs, aber wir sind Künstler und Musiker und da kann man auch mal über den Tellerrand schauen, nicht jetzt unbedingt in den Hip Hop Bereich oder so was, aber in den Rock oder Pop Bereich warum nicht?
Und wem das nicht gefällt, der kann ja einfach weiter skippen!
Jeder hat halt seine musikalischen Einflüsse und Wurzeln die einen dann prägen.
J.P: Guter Punkt was sind denn so deine musikalischen Faves und Wurzeln?
C.B: Oh je, ich war da eigentlich ganz weit gefächert. Meine Eltern haben nur klassische Musik gehört und ich wollte von Anfang an nur Gitarre lernen und bin dann tatsächlich auch auf ein musisches Gymnasium gegangen, wo übrigens auch so Leute wir Herman Frank oder Jens Becker waren.
Zu erst kam dann tatsächlich viel klassisches und „normales“. Aber dann auch relativ schnell so Sachen wie POLICE. Mein erstes härteres Album war dann tatsächlich DEEP PURPLE „Machinehead“. Ich war nie derjenige der nur mit IRON MAIDEN Shirts rausgegangen ist und ich glaube das hört man auch heute noch!
J.P: Euer Gitarrist Lars ist ja mittlerweile auch ordentlich als Produzent unterwegs und beschäftigt! Er hat ja auch das neue Album produziert. War doch bestimmt eine angenehme Sache für euch und ein anderes Arbeiten als bisher, oder?
C.B: Also produziert habe ich es nach wie vor : ) aber Lars hat es gemischt und ja da hat er mittlerweile schon viel Erfahrung mit und hat tolle Produktionen gemacht, deswegen ist auch die Wahl auf ihn dann gefallen. Wir wollten auf dem neuen Album etwas anders klingen, deswegen gibt es auch einige Songs von Lars auf dem Album, aber nach wie vor klingen wir wie wir und da kann auch kein Mischer der Welt etwas daran ändern.
J.P: Du sagtest es ja schon, Lars hat 5 Songs auf dem neuen Album alleine geschrieben. Wenn man es weiß fällt es schon etwas auf, wobei es natürlich nach wie vor nach euch klingt! Wie war es für dich den Schreiberjob auch mal abzugeben?
C.B: Also mir geht es gar nicht um den Hauptschreiberjob, was mir immer am wichtigsten ist, ist das die Vision am Ende stimmt. Das muss als Band und in den Songs dann schlussendlich einfach erkennbar sein! Deswegen habe ich Lars da auch freie Hand gelassen und nicht eingegriffen oder so. Einfach weil er weiß wie wir klingen sollten. Er hat aber ganz klar in seinen Songs eine eigene Klangfarbe reingebracht. Besonders BLUE GIANT hat so einen leichten Gothic Touch, was wir so noch nie hatten, und war auch gesanglich eine Herausforderung für mich.
J.P: Gibt es eigentlich ein gewisses Konzept beim Album, also eine Art roter Faden der sich durch die Songs zieht?
C.B: Nein, ich mag auch absolut keine Konzeptalben. Bei Konzeptalben finde ich haben die Story und die Lyrics dann irgendwie mehr Wert als die Musik und für mich muss jeder Song seine eigene Berechtigung haben. Gut Silber kommt vielleicht etwas öfters in den Songs vor, aber das liegt natürlich am Albumtitel, was wir auch auf der Bühne natürlich dann etwas weiterführen werden.
Eigentlich heißt unser Konzept hinter dem Album immer FREEDOM CALL : )
J.P: Ihr seid ja eine sehr polarisierende Band, entweder man liebt euch, oder man hasst euch. Wie würdest du selbst, euren Stellenwert auf dem Power Metal Markt einschätzen?
C.B: Oh keine Ahnung…schwierige Frage. Was wir aber glaube ich definitiv geschafft haben, wir haben uns ein eigenes Trademark geschaffen und eine Nische gefunden wo wir uns gut zu Recht finden. Der Happy Metal ist jetzt nicht von uns erfunden worden, aber wir sind mal von einer amerikanischen Musikzeitschrift als die Happyest Metalband of the World gekürt worden und das ist doch auch schon mal was! : )
Mit konstruktiver Kritik kann ich gut umgehen, wir stecken viel Zeit in unsere Musik und die Produktion und das finde ich sollte man immer wertschätzend! Neid, einfacheres Nachplappern oder irgendwelche Stammtischparolen ala „FREEDOM CALL ist Kinderscheiße“ nehme ich zwar war, aber sie jucken mich wirklich gar nicht! Konstruktive Kritik nehme ich aber gerne an.
J.P: Kurzer Rückblick auf die Corona Phase. Wie seid ihr denn da so durchgekommen als Band? Was habt ihr gemacht, vielleicht auch auf euch als einzelnen Musiker bezogen?
C.B: Also jeder hat da wohl individuell drauf reagiert. Wir haben halt relativ viel mitgemacht, die Streamings, Abstandskonzerte etc. Viel Quatsch eigentlich, was sich als solcher auch dann herausgestellt hat leider! Aber es war halt nicht viel anderes möglich. Klar Lars konnte z.B. viel im Studio machen. Francesco ist noch als Grafiker tätig und ich, tja ich bin Stillstand und Ruhe nicht gewohnt, ich bin ja in der Band Mädchen für alles (Tourbusfahrer, Tourmanager etc.), ich habe tatsächlich Obst und Gemüse ausgefahren an Seniorenheime und Kitas. Mir tat das einfach gut, weil ich war unterwegs, konnte was nützliches tun und war einfach systemrelevant in der damaligen Zeit. Ich konnte somit einfach der Starre entfliehen.
J.P: Chris wie geht es denn jetzt genau bei FREEDOM CALL weiter? Eine Tour ist doch bestimmt in Planung, oder? Was steht bei dir selbst als nächstes an, vielleicht ein weiteres Soloalbum ; )
C.B: Ja der erste Teil der Tour ist schon gesetzt und der fängt auch schon direkt zu VO an. Wir starten am 09.05 und feiern quasi in die VÖ rein. Es geht dann einmal quer durch Deutschland, unterbrochen dann von den ganzen Sommerfestivals. Unsere Headlinertour geht dann ab September weiter und da geht es dann auch komplett nach Europa was uns dann bis Ende des Jahres beschäftigen wird. Für nächstes Jahr gibt es auch schon die ersten Planungen, es wird uns also nicht langweilig und für mich selbst gibt es da etwas wenig Zeit, daher erstmal gerade kein Fokus auf ein weitere Soloalbum.
J.P: Apropos Tour, seid ihr zufrieden mit den Vorverkäufen? Man hört und liest ja in der letzten Zeit immer wieder das diese teilweise sehr schlecht laufen!
C.B: Also wir sind zufrieden mit den Vorverkäufen. Ich kann das Verhalten der Fans/Besuchern aber verstehen, viele haben vermutlich Tickets von Konzerten im Schrank liegen die so nie wieder stattfinden werden. Klar alle müssen vor planen, aber viele Fans wollen das vielleicht nicht mehr. Ich würde die Schuld da nicht alleine bei den Fans sehen, sondern man muss sich da vielleicht auch als Band oder Tourmanager hinterfragen was man vielleicht falsch gemacht hat!
J.P: Vielen Dank Chris für deine Zeit und die interessanten Antworten im Zuge dieses Interviews! Ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft, die letzten Worte gehören natürlich dir.
C.B: Hochtrabende Worte sind nicht meins. Ich hoffe man erkennt wieviel Arbeit wir in die neue Platte gesteckt haben und das das gewürdigt wird.
Wir hoffen natürlich das wir viele Metalheads auf unseren Konzerten sehen und wir können nur versprechen das wir ihnen einen schöne Zeit bieten werden und das sie mit uns in unsere Silver Romance Fantasy World eintauchen können.
Julian