Band: Helloween
Album: Keeper Of The Seven Keys Part I + II
Spielzeit: 37:09 min. + 54:58 min.
Stilrichtung: Heavy Metal, Speed Metal
Plattenfirma: Noise International
Veröffentlichung: 1987 und 1988
Homepage: www.helloween.org
Was reitet mich eigentlich, über zwei der bekanntesten und wahrscheinlich besten Metalscheiben aller Zeiten eine Rezension zu schreiben? Ganz klar, wir wollen unserer Rubrik „Klassiker der Woche“ erstens mal ein weiteres Genre hinzufügen und vielleicht geht es Euch ja so wie mir, dass Ihr diese beiden Prachtstücke schon zu lange nicht mehr in Euren Player gelegt habt.
Dazu liegen in diesen beiden Scheiben so viele Erinnerungen an die Jugend wie sonst fast nirgends. Von HELLOWEEN kaufte ich das erste Bandshirt überhaupt, und noch einige andere Merchandisingartikel. Das war Mitte der 80er gar nicht so einfach, man füllte einfach eines dieser Blätter aus, die den LP´s beigelegt waren, dabei konnte man sich über schlecht kopierte schwarz/weiß Bildchen einen vagen Eindruck über das Aussehen der Produkte machen, dann Adresse drauf und ab damit zur Deutschen Bundespost. Die Qualität war teilweise ähem erschreckend und die Drucke waren nach 30 mal waschen so ausgebleicht, dass fast keiner mehr erkennen konnte, was auf dem Shirt so draufstand. Dafür rannte man mit nix anderem mehr rum und es glich einer Katastrophe, wenn die spärliche Auswahl an heimischen Bandshirts komplett in der Wäsche war.
Die Mini-LP „Helloween“, die „Judas“ EP und der erste Longplayer „Walls Of Jericho“ waren die ersten Metalplatten, die ich überhaupt gehört habe, vorher hat sich der kleine Stefan nur mit Bands wie den SCORPIONS oder STRYPER auseinandergesetzt. Und das war schon ziemlich hart. Aber diese drei Vinyls mit ihrem rohen Sound und den schnellen Songs hatten eine besondere Faszination. Der räudige Gesang von Kai Hansen passte dazu wie die Faust auf´s Auge und Songs wie „Ride The Sky“, „Starlight“, „Victim Of Fate“, „How Many Tears“, „Judas“ oder „Heavy Metal Is The Law“ waren unsere Religion.
Natürlich war man entsprechend gespannt, als Anfang 1987 mit „Keeper Of The Seven Keys Part I“ eine neue HELLOWEEN Scheibe in den Läden stand. Bei uns auf dem Land war es sehr schwierig, an Informationen zu kommen und so war man schon froh, überhaupt mitzukriegen, dass es eine neue Platte der Nordlichter gab. Dass mit Michael Kiske ein neuer Mann am Mikro stand, merkte man erst beim ersten Hören bei einem Freund. Ja, so war das damals, man traf sich, um gemeinsam die neuesten Errungenschaften gemeinsam zu hören, und wenn das magere Taschengeld gerade nichts hergab, musste man sich längere Zeit damit begnügen, eine schlecht überspielte Kopie auf Kassette rauf und runter zu hören. Ganz zu schweigen von der Beschaffung der Vinylscheibe, wenn man wieder flüssig war.
Aber ich will Euch nicht länger mit meinen Geschichten aus der Jugend nerven, sondern endlich zum eigentlichen Hauptgrund dieser Rezension kommen: der Musik.
Am 23.02.1987 erschien der erste Teil des Keeper-Doppelschlags. Ursprünglich als Doppelalbum geplant, machte allerdings die damalige Plattenfirma den Jungs einen Strich durch die Rechnung. Das gefiel Neuzugang Michael Kiske (vocals), Kai Hansen (guitars), Michael Weikath (guitars), Markus Großkopf (bass) und Ingo Schwichtenberg (drums) allerdings überhaupt nicht. Doch das Label bestimmte die Marschrichtung und so wurde die Veröffentlichung zweigeteilt.
Mit einer relativ kurzen Spielzeit von gut einer halben Stunde und gerade mal 6 vollwertigen Songs ist das Album dennoch ein Überhammer. Zu einer Zeit als Musikstile noch erfunden wurden setzten die Hamburger Jungs Maßstäbe. Der Erfolg des Albums als auch der einzelnen Stücke wie der Single „Future World“, dem göttlichen „Twilight Of The Gods“ und allem voran dem fast viertelstündigen Ohrgasmus „Halloween“ gab der Band recht. Hier wurden Speed-Salven gekonnt mit progressiven Elementen und unzähligen Riffs zu einem kompakten Ganzen zusammengefügt. Die Melodien durften dabei nie zu kurz kommen aber der Sound von HELLOWEEN war stets hart und kompromisslos. Allerdings gab der melodiösere Gesang Kiske´s dem Unternehmen einen ganz neuen Anstrich und hievte die Band auf eine neue Stufe. Mit „A Tale That Wasn´t Right“ hatte man sogar eine Ballade im Programm, was einigen gar nicht gefiel.
Mitte des Jahres 1988 verbarrikadierten sich die Kürbisköpfe wieder im Horus Sound Studio in Hannover, wo zusammen mit Tommy Newton der zweite Teil der Keeper-Saga entstand, das am 29. August 1988 veröffentlicht wurde. Dieses Mal hatte man beträchtlich mehr Material im Gepäck. Mit „I Want Out“ und speziell „Dr. Stein“ hatte man zwei enorm erfolgreiche Singles aufgenommen. Letzteres kam sogar in die Top 10 und daraus resultierte sogar ein Auftritt in der „ZDF Hitparade“. Aber auch die deutsche Hitparadensendung „Formel Eins“ und natürlich MTV´s „Headbangers Ball“ ließen die Auskopplungen auf Heavy Rotation laufen.
Für alle Speedfans gab es Songs wie „March Of Time“ oder „Eagle Fly Free“, aber auch durchdachtere Nummern wie „We Got The Right“ zeugten von einem erneuten Fortschritt. Allerdings hatte man mit „You Always Walk Alone“ auch einen Song an Bord, der keine Hitqualitäten hatte, ganz im Gegenteil zum erneut überlangen Titeltrack. Der stammte dieses Mal aus der Feder von Michael Weikath, während für „Halloween“ auf Teil 1 Kai Hansen verantwortlich war. Der Sound hatte weniger Ecken und wurde auf Hochglanz poliert.
Während Teil 1 bis auf Platz 15 der deutschen Albumcharts kam, schaffte es Keepers 2 bis auf Platz 5. Dass die Jungs aber weit von einem Durchbruch in den USA entfernt waren, zeigten die Platzierungen 104 und 108 in den Billboard Charts. Aber in anderen Teilen der Welt lief es durchaus besser. Im Vorprogramm von IRON MAIDEN bestritt man den ersten Teil der geplanten Tour, nach der Gitarrist und Gründungsmitglied Kai Hansen allerdings ausstieg, weil er mit den musikalischen Entwicklungen nicht mehr zufrieden war. Er gründete daraufhin seine Band GAMMA RAY, die wieder deutlich mehr Geschwindigkeit in die Songs pumpte.
Mit Roland Grapow war schnell ein Ersatz gefunden und so begab man sich erneut auf Tour. Danach erscheinen gleich drei Live-Alben. „Live In The UK“ in Europa, „I Want Out Live“ in den USA und „Keepers Live“ in Japan.
Die unbeschwerten Tage sind damit gezählt, denn neben dem Ausstieg von Hansen kommen weitere Probleme auf die Band zu. Querelen mit dem Label zwingen HELLOWEEN in eine jahrelange Sendepause, aus der das mit gemischen Gefühlen aufgenommene „Pink Bubbles Go Ape“ entsteht. Der Rest ist Geschichte…2004 versucht man mit einem posthum nachgeschobenen dritten Teil der Keeper-Sage an alte Erfolge anzuknüpfen, aber die Zeiten haben sich geändert. Das Album mag gut sein, die beiden ursprünglichen Teile werden nicht einmal HELLOWEEN selbst toppen können.
“Keeper Of The Seven Keys Part I + II“ zeigt eine Band auf dem ersten Höhepunkt ihres Schaffens zu einer Zeit, wo die Musiklandschaft noch offen ist für Neues und viel Ungehörtes von immer neuen Bands zu Tage gefördert wird. Das soll schon bald ein Ende haben, zumindest was den klassischen Metalsektor angeht. Diese beiden Longplayer haben ein Genre geprägt und ausgebaut. HELLOWEEN war seinerzeit eine Band, die mit ihren Ideen eine ganze Generation beeinflusst und Hunderttausende Kids in ihren Bann gezogen hat. Long Live The 80´s!
Übrigens, diese Rezension wurde an Halloween geschrieben, und was stand seinerzeit so schön in den Liner-Notes? „WARNING: Everybody who will be spelling the song „Halloween“ from „Helloween“ with an „E“ and the group with an „A“ will immediatly be turned into a big ugly half-price-selling pumpkin!“ – in diesem Sinne..
Trackliste:
Keeper Of The Seven Keys Part I
01. Initiation
02. I´m Alive
03. A Little Time
04. Twilight Of The Gods
05. A Tale That Wasn´t Right
06. Future World
07. Halloween
08. Follow The Sign
Keeper Of The Seven Keys Part II
01. Invitation
02. Eagle Fly Free
03. You Always Walk Alone
04. Rise And Fall
05. Dr. Stein
06. We Got The Right
07. March Of Time
08. I Want Out
09. Keeper Of The Seven Keys
10. Save Us
Stefan
Super Review!
Dankeschön 🙂
Dem schließe ich mich komplett an. Top-Review, wie eigentlich immer von Stefan. Lese ich am Liebsten, auch im Printbereich ist mir kein Besserer bekannt. Ganz großes Lob!
Oha, da wird aber jemand ne rote Rübe bekommen 🙂
DANKE!