01. Together We Run
02. Don´t Give Up On Us
03. Still Believe In Love
04. You Got The Best Of Me
05. Live To Love Again
06. The Way We Used To Be
07. Come Away With Me
08. After Glow
09. Let It Rain
10. Holdin´ On
11. All Day And All Night
12. Don´t Go
13. United We Stand
14. Life Rolls On
15. Beautiful As You Are
Spielzeit: 73:04 min – Genre: AOR, Melodic Rock – Label: Frontiers Records – VÖ: 08.07.2022 – Page: www.journeymusic.com
„Ich wollte ganz bewusst ein neues Kapitel der JOURNEY-Geschichte schreiben und Dinge ausprobieren, die wir bislang noch nicht gemacht haben.“ Diese Aussage, die Neal Schon unlängst in einem großen deutschen Rockmagazin tätigte, macht einerseits neugierig auf das neue Werk der AOR-Helden – andererseits lässt es auch eine gewisse Angst entstehen, die Granden des US-Stadionrocks würden noch einmal alles umkrempeln und damit vielleicht viele Fans vor den Kopf stoßen. Nun war ja nicht alles unumstritten, was JOURNEY nach dem Weggang respektive Rausschmiss ihres stimmgewaltigen Aushängeschilds Steve Perry nach dem 1986er Albums „Raised On Radio“ so fabriziert haben. Zehn Jahre Pause und so einige Sängerwechsel musste das AOR-Mutterschiff im Laufe der vielen Jahre bis heute verkraften. Erst mit dem Engagement des philippinischen Steve Perry-Soundalikes Arnel Pineda (dessen Geschichte sich nach dieser Verpflichtung ja wie aus einem Hollywood-Drehbuch liest) sitzen JOURNEY musikalisch wieder fest im Sattel und sind selbstbewusster denn je. Das können sie auch sein. Denn auf der einen Seite stehen eine Unmenge an Megahits auf Ihrer Habenseite, und außerdem ist die wiedererstarkte Einheit zusammen mit Pineda am Mikrofon ein nahezu unerschütterliches Bündnis. Zwar gab es vor einiger Zeit noch einige Rechtsstreitigkeiten mit den langjährigen Mitstreitern Steve Smith (drums) und Ross Valory (bass), aber auch diese Krise haben JOURNEY offensichtlich abgeschüttelt. Neben den alten Recken – Gitarrist Neal Schon, Jonathan Caine an den Keyboards und dem zurückgekehrten Randy Jackson am Bass – komplettieren der bereits seit 2007 zur Band gestoßene Arnel Pineda (vocals) sowie Neuzugang Narada Michael Walden, der zurückgekehrte Deen Castronovo (ebenfalls drums) und Jason Derlatka (keyboards) die live zu siebt performende Combo.
Elf lange Jahre mussten die Fans auf dieses neue Album warten. Mit „Freedom“ ist es auch mehr als treffend betitelt. Denn die fünfzehn (!!!) neuen Songs sind eine Mischung aus altbewährtem Material, das sich sehr an die größte Erfolgsphase der Amerikaner anlehnt und wirklich komplett neuen Höreindrücken, die nicht nur musikalisch in andere Gefilde abdriften sondern Sänger Arnel Pineda endlich die Freiheit geben, er selbst zu sein. Und genau diese Versatilität ist für den Hörer anfangs sicher ziemlich fordernd.
„Together We Run“ beginnt, wie ein JOURNEY-Song beginnen sollte. Mit Piano, federleichten Melodien und spannungsgeladenem Aufbau. Der Anfang von „Don´t Give Up On Us“ erinnert sehr an ihren Hit „Separate Ways“ und ist so etwas wie eine selbstzelibrierte Hommage. Mit „Still Believe In Love“ driften die Amerikaner für meinen Geschmack zu sehr in die Belanglosigkeit ab, was die aktuelle Single „You Got The Best Of Me“ aber wieder erstklassig auffangen kann. Mit der zweiten Ballade „Live To Love Again“ machen JOURNEY einiges besser als zwei Songs zuvor. Der Midtempo-Stampfer „The Way We Used To Be“ wurde bereits vor einem Jahr als erste Single vorgestellt und gibt einen ersten Vorgeschmack von dem, was Neal Schon mit seinem eingangs zitierten Statement meint. Ebenso das funkige „Come Away With Me“, das gut und gerne auch von LENNY KRAVITZ stammen könnte. Das von Deen Castronovo intonierte „After Glow“ ist ein gefühlvoller Song, der wieder etwas besser in die Ursuppe von JOURNEY passt.
Der große Rest der Platte ist in weiten Teilen die volle Breitseite, was wohl die wenigsten von „Freedom“ erwartet hätten. Angefangen vom an U2 erinnernden „All Day And All Night“ über das schleppende „Let It Rain“ bis hin zu „United We Stand“ bieten JOURNEY allerlei „Neues“, zumindest aber ungehörtes aus diesem Bandlager. Einzig „Don´t Go“ und „Life Goes On“ wildern in ihrem eigenen Revier. Und der über 7-minütige, wunderbar epische Rausschmeißer „Beautiful As You Are“ sollte mehr als ein versöhnlicher Abschluss für alle sein!
Für JOURNEY-Puristen ist „Freedom“ sicher ein mittelschwerer Schlag. Das gilt nicht nur für die wilde Mischung an verschiedensten Sounds und Songs sondern auch für den verwässerten Sound. Hier hätte doch sicher mehr drin sein können. Andererseits bieten die Amerikaner auf diesen gut 70 Minuten allerlei Abwechslung, wenn man das Album positiv beleuchtet. Eines haben die Stücke indes nicht: Hitpotential. Aber Hits haben die alten Helden ja auch schon genug. Leider kopieren die Amerikaner zu oft sich selbst und präsentieren auf „Freedom“ sowohl „Don´t Stop Believin´2.0“ als auch „Separate Ways 2.0“, was einen etwas faden Beigeschmack hat. Für die Band ist es ein Versuch, aus den alten Mustern auszubrechen, ohne die Fans allzu sehr zu verprellen. Aber JOURNEY sind einfach eine zu gute Band, um eine schlechte Platte zu machen.
Stefan