Band: Opeth
Album: In Cauda Venenum
Spielzeit: 67:56 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 27.09.2019
Homepage: www.opeth.com
2019 legen zwei der wohl wichtigsten und einflussreichsten Prog-Metal Bands der letzten 3 Dekaden neue Alben vor, und die Ergebnisse könnten nicht unterschiedlicher sein: während Dream Theater sich auf „Distance over Time“ ihrer alten Stärken besinnen und ein typisches, bis ins letzte Detail formelhaftes, Album vorgelegt haben (und sich damit so weit vom ursprünglichen Genre-Sinn entfernt haben wie es nur geht), zeigen die Schweden OPETH auf „In Cauda Venenum“, dass der Begriff „progressiv“ nicht nur als Schubladen Aufkleber, sondern auch als Karriere-Kompass dienen darf. Die Band um den Kreativkopf Mikael Åkerfeldt hat es ihren Fans und Kritikern noch nie leicht gemacht. Aber was die Jungs auf Album No. 13 abliefern, pulverisiert jegliche Erwartungshaltungen die man vielleicht noch gehabt haben könnte im Ansatz.
Die Platte erscheint sowohl auf Schwedisch als auch auf Englisch, wobei Åkerfeldt die Version in seiner Muttersprache als das Hauptwerk betrachtet. Und was zwischen dem atmosphärisch eindringlichen Instrumental/Opener „Garden Of Earthly Delights“ und dem abschliessenden, mit einer versöhnlichen Grundstimmung endenden „All Things Will Pass“ so alles passiert ist OPETH pur – unberechenbar, verflixt filigran, erhaben dunkel und thematisch brachial. Aber eben nicht heavy im herkömmlichen Prog-Metal Verständnis. Geht es zum Ende der Scheibe mit dem von Streichern unterstützten, mit mittelalterlichen Versatzstücken duchzogenen Epos „Universal Truth“ und dem beswingt angejazzten „The Garroter“ relativ entspannt Richtung Ausgang, so hat man bis dorthin einen Parforceritt hinter sich. Das schwer stampfende „Heart In Hand“ oder das durchgeknallte „Charlatan“, das auch auf „Watershed“ hätte stehen können, liefern Spannung und kompositorische Highlights am laufenden Band. Wer einen Moment nicht aufmerksam ist, hat wieder ein Detail verpasst. Nein, der Zugang zu „In Cauda Venenum“ ist alles andere als leicht. Was das Ganze zudem immer wieder entdeckenswert macht, ist auch die tolle Produktion (die Gitarren klingen fantastisch, jedes noch so kleinste Detail der wie immer anspruchvollen Basslinien ist herauszuhören), die durch zahlreiche eingestreute Sprachsamples alles zu einem grossen Ganzen festzurrt. Es muss für die Band ein Traum sein sich mit jedem Album neuen Herausforderungen stellen zu müssen. Entsprechend spielen alle Beteiligten wieder bärenstark auf und liefern wie gewohnt eine eindrucksvolle Leistung ab – allen voran Gitarrist Fredrik Åkesson, der mal wieder einige unfassbare Soli beisteuert (wie in der beinahe schon kommerziellen Ballade „Lovelorn Crime“).
Leider lag mir zur Besprechung nur die Englische Version des Albums vor. Ich hätte zu gerne die „Hauptversion“ mit den schwedischen Texten gehört. Ich vermute, dass die eindringliche, beschwörerische Stimmung der Songs durch den Schwedischen Gesang nochmals an Effektivität gewinnt. Aber auch in dieser Version, die wohl der Grossteil des Publikums hören wird, lässt „In Cauda Venenum“ den Zuhörer zunächst sprachlos und mit jedem weiteren Durchlauf betört zurück. Was man zum Geniessen dieser Platte auf jeden Fall mitbringen sollte: ein offenes Ohr, Zeit, Geduld und ein gutes Paar Kopfhörer. Gemütlich im Ohrensessel, ein paar Kerzen und „In Cauda Venenum“ auf die Ohren – selten kann man sich darat in einem düsteren, verwinkelten und dennoch überaus spannenden Labyrinth verirren. Ein weiteres Highlight in der Diskographie der Band, das ich ähnlich stark wie „Pale Communion“ einordne, und sowohl „Heritage“ als auf „Sorceress“ vorziehe. Bei dem man allerdings auch das Gefühl hat, dass die Jungs so langsam die mit „Heritage“ eingeschlagene Richtung ausgelotet und diese Phase der Band auf (einen weiteren) Zenith geführt hat.
WERTUNG:
Trackliste:
01. Garden Of Earthly Delights
02. Dignity
03. Heart In Hand
04. Next Of Kin
05. Lovelorn Crime
06. Charlatan
07. Universal Truth
08. The Garroter
09. Continuum
10. All Things Will Pass
Mario