Band: Overwind
Album: Level Complete
Spielzeit: 49:15 min
Stilrichtung: Heavy Metal, Progressive Metal, Power Metal, Modern Metal
Plattenfirma: Power Prog
Veröffentlichung: 11.12.2015
Homepage: www.overwind.ru
War ich vom Debüt der russischen Prog Metaller OVERWIND noch sehr angetan, macht sich beim nun vorliegenden zweiten Streich ehrlich gesagt ein klein wenig Ernüchterung breit. Stellvertretend für das, was mir den Spass an „Level Complete“ verhagelt ist das Cover-Artwork: im Vergleich zum zurückhaltend, Understatement versprühenden handgezeichneten Cover des Erstlings geht es hier nur noch um möglichst viel TamTam: Bunt, grell, computergeneriert und „overblown“. Und das steht halt auch symptomatisch für den Inhalt der Scheibe: top-moderner, fetter Sound, eine beeindruckende Liste an Gast-Musikern (Peter ‚Peavy‘ Wagner (Rage, Refuge), Tim “Ripper” Owens (Judas Priest, Iced Earth), Victor Smolski (Rage, Mind Odyssey) und Marco Sfogli (James LaBrie, Alex Argento) und Songs, die mittlerweile deutlich in Richting Dicke-Hose-Konkurrenz schielen. Der Unterschied zu besagter Konkurrenz ist jetzt nur noch mit der Lupe zu finden. Irgendwie ist aus einer vielversprechenden, ungewöhnlichen Band mit eigenem Sound und eigener Identität ein weiteres Konsens-Produkt mit möglichst breiter Flächenwirkung geworden. International konkurrenzfähig? Ja, immer noch. Aber mitlerweile leider auch international ausstauschbar.
Nach einem orchestral angehauchten Intro geht’s mit „Insider“ ordentlich los, die Gitarren braten fett, die Drums knuppen wuchtig und Sänger Alexander Chumakov ist auch weiterhin mit seiner variablen, nicht zu hohen Stimme, die zwischen aggressiven Geshoute und melodiösem Gesang variiert, ein positiver Lichtblick der Band. Den stärksten Teil der Scheibe markiert das Doppelpack „The War Between Us“ und „Level Complete“ die eine gute Balance aus verspieltem Prog und modernem Metal bieten und erahnen lassen wozu die Band mit etwas mehr Mut im Stande wäre. Hier flackern auch die interessanten Eigenheiten des OVERWIND-Sounds immer wieder auf, die „Illustrator“ (2014) noch zu einem echten Highlight machten. Danach wird es wieder ein wenig beliebig, auch wenn die diversen Gastbeiträge durchaus für etwas Abwechslung sorgen. Einen wirklich herausstechenden Hit haben die Jungs aber nicht im Gepäck, dafür aber mit dem Schluss-Song „Never Say Goodbye“ eine völlig überflüssige Kitsch-Gurke (Bon Jovi lassen grüssen) vor dem Herrn eingetütet. Ob es Band und Label tatsächlich so verzweifelt darauf abgesehen haben auf Hau-Ruck den Erfolg zu erzwingen? Ich weiss es nicht, aber von einer Band wie OVERWIND hätte ich einen solchen Knicks vor dem Kommerz nicht erwartet.
Ich bleibe dabei, auch wenn ich das nur ungern sage: mit „Level Complete“ haben OVERWIND meiner bescheidenen Meinung nach einen Schritt in die falsche Richtung gemacht. Lies das Debüt noch Hoffnungen auf einen Newcomer mit eigenem Profil aufkeimen, so reiht die Band sich mit Ihrer neuen Scheibe in die endlose Schlange an immer gleich klingenden Fliessband-Produktionen ein. Dass die Jungs es besser können haben sie bereits bewiesen. Somit bleibt „Level Complete“ für Fans von modernem Power/Prog Metal zwar prinzipiell interessant aber nicht essentiell. Dieses Jahr gab’s zum Beispiel von Symphony X deutlich besseres, zwingenderes Material zu bestaunen.
WERTUNG:
Trackliste:
01. Overture
02. Insider
03. Stop The Time
04. The War Between Us
05. Level Complete
06. Million Miles Away
07. Victoria
08. Aqualand
09. Comfort Me
10. Affliction
11. Never Say Goodbye
Mario