Band: Ratt
Album: Out Of The Cellar/Dancing Undercover (Re-Releases)
Spielzeit: siehe unten
Stilrichtung: Hard Rock / Sleaze Metal
Plattenfirma: Rock Candy Records
Veröffentlichung: 19.02.2014
Homepage: www.rockcandyrecords.com
RATT waren für eine kurze Zeit der heißeste Scheiss aus L.A. und zogen in Sachen Plattenverkäufen gar an den großen Vorbildern Mötley Crüe vorbei – objektiv betrachtet muss man sich in der Rückschau allerdings schon fragen warum? Fronter und Bandgründer Stephen Pearcy kann eigentlich keinen einzigen Ton wirklich singen und ist eine Beleidigung für alle richtigen Sänger der Konkurrenz. Originelle Gitarrenriffs sucht man mit der Lupe – und wird doch nicht fündig. Und die Songs bestanden im Kern aus den immer wieder neu zusammengesetzten Klischees die auch andere Bands bis zum abwinken aneinander klatschten. Warum also ging das Debüt der Band alleine in den USA mehr als 3 Millionen mal über die Ladentische? Wie gesagt, an der Musikalität der Band kann es nicht gelegen haben, denn abgesehen von dem sympathischen, fantastischen Gitarrist Warren De Martini hatte die Band lediglich Durchschnitt zu bieten. Es war wohl die glückliche Kombination von besonderen Umständen die der Band (zu der in letzter Minute der abtrünnige Dokken Bassist Juan Croucier und Gitarrist De Martni als Ersatz für den zu Ozzy Osbourne abgewanderten Jake E. Lee gestoßen waren) und vor allem dem Debüt einen ungeahnten Schwung verliehen …
„Out Of The Cellar“ (1984)
Spielzeit: 37:13 min.
Mit dem Model Tawny Kitaen (die damals mit Gitarrist Robbin Crosby liiert war und später David Coverdale ehelichte) auf dem Cover, was kann da schon schiefgehen? Nicht viel wie sich herausstellen sollte. Der aufstrebende Produzent Beau Hill verpasste der jungen Truppe einen schlagkräftigen, schön rauhen Sound der perfekt zwischen Glam und Hard Rock passte und die fehlende Originalität der Band erfolgreich kaschierte. „Out Of The Cellar“ ist nicht nur das erfolgreichste RATT Album sondern hat auch inmitten der opulenten L.A. Hair-Metal Diskographie einen hohen Stellenwert. Die Band zog in ihren Anfangsjahren noch an einem Strang (was sich aber in kürzester Zeit grundlegend ändern sollte) und knallt Genre-Hits wie „Wanted Man“, „Lack Of Communication“ oder den Band-Klassiker „Round And Round“ mit Chuzpe und Rotz vor die Füße. Sowohl Band als auch Produzent wussten scheinbar ganz genau was ging und was nicht – so fehlt die damals eigentlich obligatorische Ballade, bei der Sänger Pearcy wohl einen Offenbarungseid hätte ablegen müssen. Stattdessen wird konsequent das immer gleiche Muster durchgezogen – mit einem Rotzlöffel-Charme den nicht viele andere Bands hatten und der RATT sofort aus der Bedeutungslosigkeit in die Stratosphäre katapultierte. Während das weibliche Publikum ob der schrillen und offensiven Art der Truppe ausrasteten und die simplen Mitsing-Refrains gleich im Ohr der MTV Generation hängen blieben, wunderten sich die Gitarristen woher ein so unbekannter Nobody wie De Martini derart souveräne Soli aus dem Arm schütteln konnte. Das Spiel des Jungspunds ist cool und lässig, dabei aber technisch immer auf der Höhe der Zeit – ganz großes Kino. „Out Of The Cellar“ überzeugt(e) in erster Linie durch seine Attitüde und die Songs profitierten von der noch ungespielten, zügellosen alles-oder-gar-nichts Einstellung der Band. Das Debüt ist zu Recht auch heute noch ein immer wieder gerne gehörter Klassiker des Genres.
„Dancing Under Cover“ (1986)
Spielzeit: 35:06 min.
Leider fehlt das nur unwesentlich schwächere Album Numero Zwo („Invasion Of Your Privacy“, 1985) in dieser Rock Candy Re-Release Reihe, womit wir auch schon bei der dritten von insgesamt 6 RATT Platten (vor der Auflösung und diversen Reunions) angekommen sind. Als die Band 1986, wieder in Zusammenarbeit mit Beau Hill, Ihr drittes Werk angeht, hängt der Haussegen schon gewaltig schief bei den Shootingstars, die unter der enormen Belastung von unaufhaltsamen Tourneen und der Gesundheit nicht zuträglichen Gewohnheiten in die Knie zu gehen droht. Sänger Pearcy und der Rest der Truppe haben sich nicht mehr viel zu sagen, verschiedene Bandmitglieder hängen mehr an der Nadel als am Instrument und der kometenhafte Aufstieg hat die Egos bis zum Platzen aufgebläht. Da ist entspanntes, kreatives Arbeiten natürlich so gut wie unmöglich. Zudem hatte das zuvor veröffentlichte Album nicht die astronomischen (und unerwarteten) Verkausfzahlen der ersten Scheibe einfahren können und somit wächst auch der Druck auf die Band das Ruder herumzureißen. Nicht die besten Voraussetzungen also, auch wenn laut De Martini, der in den Liner Notes mit nüchternem Blick die negativen Begleitumstände zur Entstehung der Platte beschreibt, das Ergebnis alles in allem besser ist als sein Ruf. Produzent Beau Hill leistete wieder ganz Arbeit und schneiderte der Band einen etwas polierteren Sound als auf dem ungestümen Debüt, was typischen 80er Hardrock Tracks wie “Slip Of The Lip“, „Body Talk“ oder „Enough Is Enough“ gut zu Gesicht stand. Die auf Druck der Plattenfirma zielgerecht auf Mainstream komponierte Single „Dance“ konnte zwar nicht die Erwartungen erfüllen, geht aber ebenfalls als starker Track über die Ziellinie. Es war allerdings nicht zu übersehen (und überhören), dass die Band bereits ihren Zenith überschritten hatte und sich auf dem absteigenden Ast befand. „Dancing Under Cover” ist sicherlich nicht so stark wie die beiden Vorgänger, kann aber dank der guten Produktion und einigen gelungenen Songs auch heute noch durchaus Freude bereiten.
Die beiden vorliegenden Re-Releases sind wie bei Rock Candy gewohnt superb aufgemacht, liefern eine Menge Hintergrundinfos (die in erster Linie auf ein Interview mit Warren De Martini zurückgehen) und klingen dank modernem Remaster zeitgemäß (nicht dass die original Aufnahmen schlecht geklungen hätten). Ein Wehrmutstrophen ist definitiv das Fehlen der essentiellen 2. Platte, ohne die diese Re-releases ein wenig unfertig im Regal stehen.
WERTUNG:
(„Out Of The Cellar“)
(„Dancing Under Cover“)
Trackliste:
„Out Of The Cellar“
01. Wanted Man
02. You’re In Trouble
03. Round And Round
04. In Your Direction
05. She Wants Money
06. Lack Of Communication
07. Back For More
08. The Morning After
09. I’m Insane
10. Scene Of The Crime
„Dancing Undercover“
01. Dance
02. One Good Lover
03. Drive Me Crazy
04. Slip Of The Lip
05. Body Talk
06. Looking For Love
07. 7th Avenue
08. It Doesn’t Matter
09. Take A Chance
10. Enough Is Enough
Mario