Band: Seventh Wonder
Album: Tiara
Spielzeit: 70:01 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: Frontiers Records
Veröffentlichung: 12.10.2018
Homepage: www.seventhwonder.se
Es macht ja immer Spaß, sich abseits der rein aus dem Hören des Albums herrührenden Einschätzung zu einem Album auch noch ein paar Rezensionen von Kollegen anzuschauen, um den über das jeweilige Werk herrschenden Grundtenor mit der eigenen Meinung zu vergleichen. Es macht noch mehr Spaß, wenn die eigene Meinung von der öffentlichen stark abweicht. So bei “Tiara”, dem fünften Streich der Progressive-Power-Schweden um KAMELOTs Tommy Karevik. Das Konzeptalbum besticht mit ca 70 Minuten Spieldauer, einer Ober-, wenn auch nicht Weltklasseproduktion und insgesamt 13 Songs.
Was positiv hervorgehoben werden muss: Die Jungs verstehen ihr Handwerk. “Tiara” ist ein astrein konzipierter Mix aus progressiven Taktspielereien und skandinavischem Power Metal, der in sich schlüssig wirkt und nach allen Regeln der Kunst zusammengebastelt wurde.
Die einzelnen Songs sind nur leider zumeist absolut generisch und austauschbar. Kennt man die typischen SEVENTH-WONDER-Melodielinien, so fällt die Scheibe schlicht überraschungslos aus. Der Großteil der Melodien scheint darauf ausgelegt, dem Zuhörer dicke Gänsehaut auf den ganzen Körper zu zwingen, dafür bedarf es allerdings abseits gewisser Erfahrungen im Komponieren keiner weiteren Genialität bzw. Fähigkeiten. So groß und episch dramatisch die Melodien auch geschrieben worden sind, so belanglos sind sie – kaum eine unter ihnen, an die man sich im Nachhinein erinnern würde; stattdessen beendet man “Tiara” vermutlich mit einem kruden Ohrwurmgemisch jedes Lieds des Albums.
Hervorhebenswerte Lieder gibt es natürlich dennoch. “Tiara’s Song”, erster Song der “Farewell”-Trilogie, ist ein Anwärter auf den besten Song des Albums, mit sich vom bisherigen Part der Platte abhebenden Melodien und einem Refrain, der als Power-Metal-Version von JUDAS PRIESTs “Lost Love” durchgeht. Weitere Motive dieses Songs finden sich im zweiten und dritten Teil wieder, nur merkt man das kaum, weil sie den meisten anderen Trademark-Motiven des Albums deutlich ähneln.
Erfreulich auch “By The Light Of The Funeral Pyres” und “Damnation Below”, die fix und gekonnt daherkommen. Ist auch nötig zu diesem Zeitpunkt, schließlich überwog bei den drei vorangehenden Tracks der Schmalzfaktor enorm, um nicht zu sagen, viel zu krass.
Und sonst? Viel grandios gespieltes und gesungenes Mittelmaß, viel ähnlich klingender Lehrbuch-Prog, gestreckt auf 70 Minuten, die, auf 40 Minuten heruntergekürzt, doch etwas mehr Unterhaltsamkeit hätten bieten können. Nach Hits vergangener Alben (Man bedenke nur das großartige “The Promise”) ist Tiara einfach künstlich gestreckter Standard-Progressive-Metal, dem es am wichtigsten Bestandteil guten Progressive Metals fehlt: nicht Taktwechsel, musikalischer Tiefgang, der nicht beim Musikstudium der Bandmitglieder endet.
Kurz: Wer progressiven Power Metal mit allem Tamtam mag, bekommt mit “Tiara” ein auf Gefälligkeit gelutschtes 70-Minuten-Opus, das handwerklich der Hammer ist, der den Kreativitätsnagel nicht auf den Kopf trifft. Schade bei einer Band, der man so deutlich anhört, was sie drauf hat.
Anspieltipps:
“Tiara’s Song (Farewell Pt. 1)”, “By The Light Of The Funeral Pyres” und “Damnation Below”
Fazit:
10 Punkte für die handwerkliche Umsetzung und das Prog-Metal-Know-How, drei für das, was daraus geworden ist. Die “Hauptsache progressive”-Fraktion, sollte es sie denn geben, darf gerne mal reinhören und der Rest sich an einzelnen Songs erfreuen. Wer eine klarere Kaufempfehlung wünscht, der greife einfach auf eine der zahlreichen positiven Rezensionen da draußen zurück.
WERTUNG:
Trackliste:
01. Arrival
02. The Everones
03. Dream Machines
04. Against The Grain
05. Victorious
06. Tiara’s Song (Farewell Pt. 1)
07. Goodnight (Farewell Pt. 2)
08. Beyond Today (Farewell Pt. 3)
09. The Truth
10. By The Light Of Funeral Pyres
11. Damnation Below
12. Procession
13. Exhale
Jannis