STORMWITCH – Bound To The Witch

Band: Stormwitch
Album: Bound To The Witch
Spielzeit: 65:45 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 29.05.2018
Homepage: www.stormwitch.de

Mit 39 Jahren könnte man eigentlich so langsam mal die Midlife-Crisis kommen. Vielleicht einen tiefergelegten Besen kaufen oder den Hexenhut durch eine dieser lustigen blinkenden Weihnachtsmannmützen eintauschen. Man könnte auch so richtig auf die Kacke hauen und sein neues Album mit einer dicken Masse arschgeiler Synthesizer und einem saftigen Drop vor jedem Chorus pimpen. Aber scheinbar steht die STORMWITCH da drüber. Stattdessen: Auch nach 39 Jahren Bandgeschichte (inklusive Pausen) gibt’s von den Deutschen klassischen Heavy Metal ohne Schnörkel, den man instinktiv ein wenig näher an Hamburg verortet hätte, als es tatsächlich der Fall ist.
Zum Gesang: Am Mic steht, neben Jürgen Wannenwetsch das einzige verbleibende Gründungsmitglied, nach all der Zeit immer noch Andreas Mück, der sich als charakteristisches Organ der Band einen Namen gemacht hat. Zurecht. Und tatsächlich: Selten klang der Mann besser als auf dem zwölften Release der Jungs. Seine Falsettstimme kommt auf “Bound To The Witch” zwar verhältnismäßig selten zum Einsatz, läuft aber immer noch wie geschmiert. Und in gemäßigten Höhen kommt der sehr warme, fast beruhigende (Jap, ist ein Kompliment.) Klang im Zusammenspiel mit dem feinstens produzierten Prototyp-Heavy-Metal-Sound der Band einfach großartig.
Die 14 Songs auf “Bound To The Witch“ (inklusive drei Neuaufnahmen alter Klassiker als Bonustracks) sind strukturell recht einfach gehalten. Vielleicht etwas zu routiniert immer nach Schema F, aber damit kann man leben, denn obgleich STORMWITCH zuerst einmal Heavy Metal in Reinform machen, lassen sie nie ein richtiges Maß an charakteristischen Melodien und interessanten Riffs missen. Man höre nur einmal in “Arya” rein, dessen Strophenmelodie mit dem Eingangsriff hervorragend kooperiert, bevor der Refrain für Gänsehaut sorgt, ganz ohne auf billige Tricks wie fette Chöre oder Orchestersamples zurückgreifen zu müssen.
Gänsehaut gibt es auch bei der Ballade “Nightingale”, die melancholisch folkig aber weitestgehend unkitschig ausfällt und von cleanen Gitarren und Mück in Bestform getragen wird. Pur oldschool heavy geistert “The Ghost Of Mansfield Park” aus den Boxen, dessen Chorus zwar melodisch einfach gehalten ist, dabei jedoch wie vorherbestimmt für den Rest des Songs anmutet.
Neben zahlreichen leicht folkloristischen Wendungen in ihren Melodien (Nein, STORMWITCH sind mitnichten Folk Metal) verleiht ihnen auch die Art ihres Storytellings etwas, was an dieser Stelle in Ermangelung eines besseren Begriffs als “bardenhaft” bezeichnet werden muss. Ist eine tolle Eigenschaft, aber vielleicht könnte man für solche Texte mal einen Muttersprachler zurate ziehen, der sie absegnet. So lassen einige Textstellen den Hörer ob ihrer Plattheit doch manchmal leicht zusammenzucken. Klar, ist normal bei deutschen Bands, ließe sich aber vermeiden. Naja, sei’s drum, ganz ohne Kritikpunkte wär‘ ich halt auch arbeitslos.

Anspieltipps:
“The Choir Of The Dead”, “Arya”, “King George”, “Nightingale” und “The Ghost Of Mansfield Park”

Fazit:
Viele Textideen sind top, über ihre Umsetzung lässt sich streiten. Darüber, dass “Bound To The Witch” in musikalischer Hinsicht einfach hervorragend gelungen ist, hingegen nicht. Verhältnismäßig einfach und traditionell lebt es von seinen auf unauffällige Weise sehr starken Kompositionen und den außergewöhnlichen Vocals – erdacht und gespielt von einer Band mit massig Erfahrung, aber, wie das Promosheet treffend beschreibt, mit der Frische eines geilen Newcomers. “Bound To The Witch” ist kein Album, das man nur einmal hört, da sich beim ersten Durchlauf doch zumindest der Eindruck ergibt, dass die Scheibe echt Potenzial hat. Und spätestens ab dem zweiten Durchlauf wird das Ding immer fetter. Es ist wie verhext.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Songs Of Steel
02. Odin’s Ravens
03. The Choir Of The Dead
04. Bound To The Witch
05. Arya
06. Stormwitch
07. Life Is Not A Dream
08. King George
09. Ancient Times
10. The Ghost Of Mansfield Park
11. Nightingale
12. Stronger Than Heaven (Bonus Track)
13. Rats In The Attic (Bonus Track)
14. Priest Of Evil (Bonus Track)

Jannis

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