EXISTENT – Stiller Held

Trackliste:

01. Kein Paradies
02. Stiller Held
03. Schrei
04. Alles Brennt
05. Geschichten
06. A&R (SCH)
07. Existent ist Scheisse
08. Irgendwas
09. Der Letzte Rest
10. Stimme
11. Willkommen Im Untergang
12. Untergang

Spielzeit: 40:34 min – Genre: Modern German Metal/Rock – Label: Drakkar Entertainment – : 09.06.2023 – Page: www.facebook.com/band.existent

 

Nach der EP „Kartenhaus“ kommt mit „Stiller Held“ nun endlich das neue Werk der Hamburger Band EXISTENT. Und wow, was für ein geiler Scheiß ist das denn bitte? Während die EP „Kartenhaus“ sich hauptsächlich um sozialpolitische Themen kümmerte (www.rock-garage.com/existent-kartenhaus), geht es bei „Stiller Held“ eher um zwischenmenschliches. Und das mit einem starken Songwriting und einer unglaublichen stimmlichen Präsenz von Sänger Marcel Dummer. Zu ihm gesellen sich noch die Gitarreros Julian Jung und Fabian Kaposty, Basser Jonas Mensing und Silvano Vincenti an den Drums und fertig ist eine der besten „neuen“ deutschen Bands. So ganz neu ist EXISTENT nicht, immerhin gab es bereits 2013 eine EP. Einem größeren Publikum bekannt, wurden sie jedoch erst mit der EP „Kartenhaus“. Zuvor gab es 2016 mit „Startschuss“ ein noch eher rockiges Debüt, mit der bereits angesprochene EP „Kartenhaus“ haben die Nordlichter deutlich an Härte und an Inhalt zugelegt.
„Stiller Held“ ist ein weiterer Meilenstein in der Selbstfindung der Band und folgt dem auf der EP eingeschlagenen metallisch-punkigen Weg. Auch textlich sind die Tracks deutlich ausgefeilter, Plattitüden sucht man hier (zum Glück) vergebens und die Band vertritt ihre Meinung immer klar und deutlich ohne Rückzieher zu machen. Klare Kante eben!
Schon der Opener „Kein Paradies“ macht keine Gefangenen. Mit starkem Riffing und der rauen Stimme von Marcel Dummer ist der Song über die wortwörtlich bitterkranke Welt schon das erste Highlight der Platte. Mit dem alles anderen als stillen Titeltrack „Stiller Held“, welcher die so wichtigen stillen Helden in und unter uns aus dem Schatten treten lassen möchte und der tanzbaren Auskopplung „Schrei“, geht es gleich in Hochglanz weiter. Die Füße wollen einfach nicht mehr stillstehen und das nach gerade drei Songs. Ohne Verschnaufpause geht es mit dem punkigen „Alles brennt“ während wir bei „Geschichten“ dann doch etwas zu Ruhe kommen können. Auch der Wunsch nach leichteren Songs wird auf „Stiller Held“ bedient. Mit dem Augenzwinkernden Seitenhieb auf die Labels („A&R (SCH)“ und dem selbstironischen „EXISTENT ist Scheiße“ wird das Album aufgelockert und sorgt für das eine oder andere Schmunzeln.
Es ist schwer, ein Highlight auf „Stiller Held“ zu benennen. Anspiel- und hörbar sind alle 12 Tracks, einen Ausreißer nach unten gibt es nicht. In den knapp 40 Minuten Spielzeit haben EXISTENT alles, was im Moment möglich ist, eingebracht. Brachiale Riffs, krachendes Drumming und eine kantig-raue Stimme. Textlich ist „Stiller Held“ mit Sicherheit keine leichte Kost, aber frei von billigen Phrasen und die Themen aufgreifend, die aktuell wirklich bewegen. Und da ich ein Fan von klarer Kante bin, finde ich es natürlich umso erfreulicher, dass auch hier wieder klar die Meinung gesagt wird. Und live sind die Jungs sowieso eine sichere Bank. Ich hatte das Glück, EXISTENT auch in diesem Jahr wieder auf dem KÄRBHOLZ Heimspiel zu sehen und einige Tracks des neuen Albums in einer megageilen Live-Performance zu erleben. Optisch an das Albumcover angepasst (schwarze Kleidung mit goldenen Farbflecken) hat der 5er eine richtig geile Show abgeliefert, die für mich definitiv eines der Highlights des Festivals war. Fans der Musik sollten sich EXISTENT auf alle Fälle live anschauen, es ist ein wahres Fest. Und das Album „Stiller Held“ bekommt von mir die absolute Kaufempfehlung. Vielen Dank für das geile Teil in den hohen Norden und immer weiter so, Jungs.

Tänski

Unbedingt reinhören: 

 

HÄMATOM – Lang lebe der Hass

Trackliste:

01. Es regnet Bier
02. GAGA
03. Lang lebe der Hass
04. Keinen Bock auf Menschen
05. Strassenbande 666
06. Nobody’s perfect
07. SOS
08. Ein Freund
09. Räche sich wer kann
10. Olympia
11. It’s raining Beer

Spielzeit: 36:09 min – Genre: Metal – Label: Anti Alles/Believe – : 04.11.2022 – Page: www.facebook.com/haematommusic

 

Die umtriebigen Himmelsrichtungen haben bzw. geben auch in Corona-Zeiten alles, um im Gespräch zu bleiben. Knapp an der Grenze zum Nerven waren HÄMATOM in den letzten zwei Jahren mehr als präsent. Sei es die Fahrt mit dem Heißluftballon zum Wacken Open Air, der Metal Fight Club mit SALTATIO MORTIS, das letzte Album „Die Liebe ist tot“ (https://www.rock-garage.com/haematom-die-liebe-ist-tot/)  oder auch die ausgiebige Nutzung von Social Media. HÄMATOM waren irgendwie immer da und niemals weg. So lässt sich der Stillstand der Kulturbranche dann auch einigermaßen aushalten. Im Gegensatz zu den APOKALYPTISCHEN REITERn, die sich in erstmal komplett tot gestellt haben, um dann ob der wenigen Ticketverkäufe völlig verwundert eine Tour absagen müssen, sind HÄMATOM immer noch in aller Munde. Von nichts kommt halt nichts.
Mit „Lang lebe der Hass“ ist nun der direkte Nachfolger des Ende 2021 erschienen Albums „Die Liebe ist tot“ erschienen. Nicht nur das Cover zeigt die direkte Nähe zum Vorgänger, auch textlich sind die beiden Alben einem Doppelding ähnlich verbunden. So kann man sich die Vorweihnachtszeit durchaus versüßen lassen und sich abwechselnd gleich beide Alben am Stück reinzwitschern.
Doch, kann „Lang lebe der Hass“ die hervorragende 9-Sterne Wertung halten oder sogar übertreffen?
Soviel sei gesagt, das Album ist klasse, aber im Gegensatz zum Vorgänger verliert es doch etwas (wenn auch nicht allzu viel).
Aber der Reihe nach. Den Anfang macht der Metal Fight Club Song „Es regnet Bier“. Das Battle haben die Jungs gewonnen, immerhin ein 1A Vollsuff Partysong. Und was passt besser zum Motto Festival als eine ordentliche Hopfenkaltschale, die auch grässliche Bands (Stichwort: POWERWOLF als Vorband bei IRON MAIDEN) einigermaßen erträglich macht.
Nach der Partysause folgt mit „GAGA“ ein zwar inhaltlich ansprechendes Lied, aber mir ist es mit dem 80er Synthiesound einfach zu poppig. Zum Inhalt des Songs passt das zwar, aber mir geht es musikalisch etwas zu sehr in die Richtung ELECTRIC CALLBOY, wobei der Vergleich schon echt fies gegenüber den Franken ist (Sorry dafür).
Mit dem Titelsong „Lang lebe der Hass“ kommt das Metall dann ja auch schon wieder raus, also alles gut. Im gewohnt harten HÄMATOM Stil wird hier mit den Kritikern abgerechnet, die den Jungs immer mal wieder den Mund verbieten wollen. Als ob das funktionieren würde… Die Jungs sagen, was sie sagen wollen und das ist auch gut so. Ja-Sager haben wir bereits mehr als genug.
Auch die anderen Songs reihen sich nahtlos in den bekannten Stil ein. Sei es „Kein Bock auf Menschen“, ein Song, mit dem sich vermutlich jeder mal mehr oder weniger identifizieren kann oder auch „Strassenbande 666“, eine Hymne an den Metal und die Metalheads dieser Welt oder auch „SOS“, ein ernster Song zum Thema Mobbing. Alles, was HÄMATOM ausmacht, findet sich auf „Lang lebe der Hass“.
Im Umkehrschluss heißt es allerdings auch, dass auf dem mittlerweile achten Studioalbum nicht wirklich viel neues zu finden ist. Aber was solls. Den Fan wird es freuen und für Neueinsteiger ist „Lang lebe der Hass“ eine gute Einstiegsdroge. HÄMATOM müssen lediglich aufpassen, nicht in die zu poppige Ecke – wie die bereits erwähnten ELECTRIC CALLBOY – zu rutschen, dann passt das alles. Das die Oberfranken immer noch mega Bock auf Mucke haben, hört man. Spaß und Spielfreude kommen nicht zu kurz, die Texte sprechen vielen aus der Seele. Einige Songs werden hängen bleiben, andere weniger. Bock macht das Album aber auf alle Fälle und daher gibt es eine klare Kaufempfehlung meinerseits und wohlverdiente 8 Sterne aus Oberhessen nach Franken.

Tänski

Unbedingt reinhören!

UNHERZ – Mainstream

Band: Unherz
Album: Mainstream
Spielzeit: 65:52 min
Stilrichtung: Deutschrock / Metal
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 10.01.2020
Homepage: www.unherz.com

UNHERZ veröffentlichen ihr mittlerweile 8. Studioalbum mit dem bezeichnenden Titel „Mainstream“. Wollen die Jungs aus Worms jetzt sichergehen, dass jeder den Inhalt des Albums versteht oder soll es sich doch um versteckte Gesellschaftskritik handeln? Wir werden sehen.
Musikalisch ist das Quartett zwar um einiges härter als die Urgesteine BOEHSE ONKELZ oder die unsäglichen FREI.WILD, aber textlich unterscheidet sich – bis auf die stellenweisen eingeschobenen englischsprachigen Passagen – nicht viel. Schon der Titeltrack „Mainstream“ lässt den geneigten Hörer nicht unbedingt aufhorchen, eher gefällig als nachdenklich stimmend. In diesem Stil geht es dann auch weiter. Mit „Beichtstuhl oder Sündenpfahl“ wird die x-te Version von Religionskritik vorgetragen, ein Song, der leider auch musikalisch nicht wirklich hängen bleibt. „König ohne Krone“ ist da schon eingängiger, aber auch hier fehlt die Tiefe für einen wirklich guten Song.
Wie auf jedem UNHERZ-Album darf eine Ballade nicht fehlen. Die Ballade diesen Albums ist „Leben am Limit“, ein doch eher radiotaugliches Stück und daher genau dem entsprechend, was man nicht sein will – „Mainstream“. Die eingeschobenen englischen Zeilen nerven hier etwas und der Text lässt mich innerlich dann doch eher aufheulen. „Leben am Limit – this is my way of life. My fucking way of life…” Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen. Doro kann die Verknüpfung von Deutsch und Englisch definitiv besser.
Was mir auf „Mainstream“ fehlt, ist ein kleiner Lichtblick, irgendetwas positives. Und wenn es nur mal ein richtiges Trinklied ist. Denn auch der nächste Song „Ihr wisst es nicht“ versucht wieder kritisch zu sein, aber textlich ist es einfach platt. Leider wird es auch in der zweiten Hälfte nicht wirklich besser. „Hornhaut am Arsch“ hätte wunderbar auch von den ONKELZ kommen können, was es jetzt nicht unbedingt besser macht. Vor 25 Jahren wäre so ein Song noch ein Novum gewesen, 2020 ist es eher banal.
Mit „F.I.F.A.“ sprechen UNHERZ mal ein Thema an, welches doch eher selten den Weg auf eine Deutschrock-Platte finden. Ein kleiner Lichtblick immerhin.
Den Abschluss bilden das rockige „Fluch der Zeit“, welches einen schon leicht versöhnlich stimmen kann. Vor allem musikalisch geht es mal wieder voran und auch textlich klingt es schon optimistischer als die vorherigen düsteren Songs. Mit „Marie“ gibt es dann endlich mal eine richtig geile Mitgröhl-Hymmne, die einen zum abfeiern einlädt und bei dem endlich mal so richtig fett angestoßen werden kann. Leider kommt dieser Song zu spät und es hätte mehr davon geben sollen.

Fazit: Fans der Band werden auf Ihre Kosten kommen, denn UNHERZ haben sich nicht viel verändert. Live werden sie vermutlich auch wieder auf die Kacke hauen und eine mitgehende Performance abliefern, aber für mich fehlt auf „Mainstream“ einfach zu viel, um hier eine gute Bewertung abzugeben. Die Texte sind stellenweise zu platt und klingen so, als hätte man es so oder so ähnlich schon bei x-beliebigen anderen Bands gehört. Vielleicht haben sich UNHERZ mit 8 Alben in nur 11 Jahren nicht unbedingt einen Gefallen getan. Auch die unzähligen Gastmusiker (z.B. Steffen Kiederer von KING KONGS DEOROLLER oder Jörn Rüter von den KNEIPENTERRORISTEN) als Verstärkung hauen es nicht mehr raus.
Sorry Jungs, mehr als 5 gut gemeinte Sterne von 10 sind hier leider nicht drin.

WERTUNG:

 

 

 

Trackliste:

01. Intro
02. Mainstream
03. Beichtstuhl oder Sündenpfuhl
04. König ohne Krone
05. Schreie in der Nacht
06. Hänsel und der Nachbar
07. Leben am Limit
08. Ihr wisst es nicht
09. Unsere Art
10. Hornhaut am Arsch
11. F.I.F.A.
12. Eigene Legende
13. Drachenflügel
14. Fluch der Zeit
15. Marie

Tänski