ARTEFUCKT – Ethik

Trackliste:

01. Intro
02. Der erste Schritt
03. Lauf
04. Lasst uns
05. Kalifornien
06. Alles was war
07. Gegen den Rest
08. Lasst uns Part II
09. Abendmahl
10. Zurück ins Glück
11. Kosmos
12. An deiner Seite
13. Leck mich!
14. Wir waren jung
15. Himmelszelt

Spielzeit: 59:34 min – Genre: Deutschrock – Label: Metalville – VÖ: 13.10.2023 – Page: www.facebook.com/artefuckt

 

Mal wieder was Interessantes aus der Deutschrock Ecke, mal sehen ob es sich um einen Knaben- oder Altherrenchor handelt. Dieses Album von ARTEFUCKT trägt, in Anbetracht der vergangenen Jahre ab Anfang 2020 bis jetzt, den treffenden Titel „Ethik“. Egal ob es das Versagen von Politik (die nur wirklich handelte wenn von Konzernen Geschrei kam) betrifft oder das während der Corona Beschränkungen ein Nachbar den Anderen angezeigt hat, oder Kinder anstatt auf dem Spielplatz rum zu tollen Zuhause eingesperrt wurden. So treffend wie dieser Titel war lange nichts mehr was sich in meinem Player drehte. Wie im Infosheet angegeben wird spiegelt „Ethik“ einen Lebensabschnitt der Band und reflektiert erlebtes, schaut nach vorne, träumt, lacht, weint, soll Mut machen und voller Emotionen stecken, also auf geht es ob sich das angekündigte bewahrheitet.

ARTEFUCKT besteht aus André Donay an Gesang und Gitarre, Sven Goldschmidt ebenfalls Gitarre und Kevin Ricken am Bass. Während der Produktionsphase verstarb der Schlagzeuger Ulrich Cichy plötzlich und aus gegebenen Anlass wurden die Arbeiten unterbrochen. Nach der Beisetzung schrieb André in Gedenken an Uli den Song „Abendmahl“, dieser half die Speere zu überwinden und die Arbeiten am neuen Album wieder aufzunehmen.

Die Stimme von André hat eine angenehme Tonlage weder zu Hoch noch zu Tief, rau shoutet sich André cool durch die Songs, er bewegt sich dabei irgendwo bei den Meistern des Deutschrocks BÖHSE ONKELZ und MOTOJESUS. Die Gitarren machen Laune und stehen im vollen Saft, kommen auf den Punkt und setzen und Starkstrom Akzente. Der Bass steht nicht so stark im Rampenlicht ist beim genauen Hinhören aber voll da nur eben weiter im Hintergrund. Die Drums hauen einem die Kacke und üblen Gedanken aus der Mütze. Die Keyboards spielen irgendwo zwischen den ONKELZ und ÄRZTEN.

Beim Songwriting steht die Melodie klar im Vordergrund, jeder Song besitzt einen roten Faden der aus nachvollziehbaren Melodie besteht, starker Instrumentierung und einer rauen Stimme die perfekt zusammen harmonieren und ein mehr als beeindruckend positives Bild abgeben. Zur bestens inszenierten Mucke kommen die Texte die nicht 0815 Hau auf die Kacke sind sondern vielmehr Aussagen haben und so mit der Instrumentierung ihre volle Wirkung entfalten können. Einen Kritikpunkt muss ich fast loswerden, einige Riffs hören sich ähnlich an, wen das nicht stört wird hier bestens bedient, die Texte sind auch voll auf die Fresse ohne Scheuklappen und vorgehaltener Hand, teils derb aber genau so soll doch Deutschrock sein. Hart, melodiös und derbe ungeschönte Texte, und ARTEFUCKT stehen mit „Ethik“ genau für diese Eigenschaften. Wer auf ONKELZ, DIMPLE MINDS, VOLTWECHSEL, MAERZFELD und TOTE HOSEN kann sollte sich mit „Ethik“ puddelwohl fühlen.

Für diejenigen die der Meinung sind Deutschrock ist nicht so prickelnd, hört euch „Ethik“ an und Eure Meinung ändert sich schlagartig. „Ethik“ besteht leider nur aus Hymnen und zeigt deutlich wie Geil Deutschrock klingen kann.

Eingeleitet wird das Intro durch ein schaurig düsteres Glockenläuten und melodische Gitarrenklänge, „Der erste Schritt“ ein melodisches Schmankerl wie man es gerne hört, bei „Lauf“ ähnelt das Riff am Anfang dem Vorgänger oder beim Promomaterial ist beim Mastern was schiefgelaufen, ansonsten kann der Song punkten. „Lasst uns“ macht so viel Spaß wie der ONKELZ Schinken „Wir ham‘ noch lange nicht genug“, ein cooler Groover das richtige für die Tanzfläche. Das Anfangsriff von „Kalifornien“ erinnert mich ganz stark an CINDERELLAs „Bad Seamstress Blues – Fallin‘ Apart At The Seams“ schlägt dann aber wieder in ARTEFUCKT und ihren Sound um, ein Highlight mit leichtem Southern Rock Flair. „Alles was war“ ein geiler Stampfer der ordentlich kracht und scheppert, „Gegen den Rest“ kommt mit Punk Attitüde, dass Richtige zum Pogen. „Lasst uns Part II“ schreit nicht so laut wie Part I, sehr nachdenklich gestaltet, „Abendmahl“ starke Trauerbewältigung mit Deutschrock. „Zurück ins Glück“ haut einem den Gips aus den Nebenhöhlen, „Kosmos“ ein weiterer Stampfer der auf Testosteron und Steroiden macht und Highlight. „An deiner Seite“ wäre was fürs Radio mit geilem Refrain, „Leck mich!“ der Titel ist Programm … am Dilli das Ding gibt Gas – Hey DJs das ist was für die Tanzfläche. „Wir waren jung“ macht auch Druck am Frontallappen, „Himmelszelt“ gefühlvoll und ernster Text treffen auf ARTEFUCKT.

Balle

KÄRBHOLZ – Kapitel 10: Wilde Augen

Trackliste:

01 – Willkommen in der zehnten Episode
02 – Wilde Augen
03 – Schwarz auf weiss
04 – Seele auf der Haut
05 – Halte fest
06 – Die letzten Punks in der Stadt
07 – Leben in monochrom
08 – Der Himmel soll brennen
09 – Chaos
10 – Vagabund
11 – Unsere Bar

Spielzeit: 40:11 min – Genre: Deutschrock – Label: Metalville – : 02.06.2023 – Page: www.facebook.com/Kaerbholzoffiziell

 

Holla, die Waldfee… Im Falle der Fans von KÄRBHOLZ hat Corona ja doch irgendwie was Gutes gehabt. Bei den Jungs aus dem Hinterwald hat sich in den Jahren des Stilltands so viel Stoff angesammelt, dass es für zwei Alben gereicht hat. Ganz in Star Wars-Manier haut man natürlich zuerst #11 raus um dann ganz geschmeidig nur zwei Monate später mit #10 um die Ecke zu kommen. Verrückte Reihenfolge? Sicher, aber dann doch irgendwie logisch. Tatsächlich war geplant, zuerst „Kapitel 10: Wilde Augen“ unters geneigte Volk zu bringen, beim Feinschliff ebendieser Scheibe ist man aber zu der Erkenntnis gekommen, dass „Kapitel 11: Barrikaden“ (www.rock-garage.com/kaerbholz-kapitel-10-wilde-augen/) das bessere Post-Corona-Album ist. Wie dem auch sei, das ist mir völlig schnuppe. Hauptsache, es gibt neuen geilen Scheiß von Familie Holz. Und was für ein geiler Scheiß das mal wieder ist.

Im Gegensatz zum im Vergleich eher erwachsenen Kapitel 11 ist „Kapitel 10: Wilde Augen“ der rotzige und ungestüme Bruder. Der ungeschliffene Diamant, der an alte Zeiten erinnert und die müden (manchmal auch alten) Knochen wecken will. Spaßfaktor hoch 10.
Mit „Willkommen in der zehnten Episode“ fühlt man sich direkt abgeholt. Der Song macht sofort ganz viel Bock auf die folgenden 10 Songs. Genial, wenn der Manager im Openerim Hintergrund ein „Boah, ihr seid ein nicht zu managender Sauhaufen“ muffelt.
KÄRBHOLZ treffen wieder mal die richtigen Töne. Zwischen Krawallo-Punk und Mitgröhl-Rock lebt und liebt man den Spaß, der auch in die letzten Ecken des hintersten Hinterwalds vordringt. Während der Titeltrack „Wilde Augen“ mit seiner punkigen Attitüde Bock auf Pogo macht, zeigen sich Songs wie „Schwarz auf weiß“ oder auch „Halte fest“ von der eher metallischeren Seite. Die knapp 40 Minuten Spielzeit sind perfekt genutzt. Garantierte Live-Ausraster sind mit den Krachern „Der Himmel soll brennen“ oder auch „Vagabund“ schon vorprogrammiert.

„Kapitel 10: Wilde Augen“ hat so viel zu bieten. Es ist eine wahre Freude, wenn „Die letzten Punks in der Stadt“ für krawallige Stimmung sorgen und direkt im Anschluss das emotionale „Leben in monochrom“ die ruhigen und nachdenklichen Töne anschlägt. Ein Gegensatz, der hier aber einfach passt und für den Gänsehaut-Feuerzeug-Moment sorgt. „Leben in monochrom“ wird auch die einzige körperliche Verschnaufpause bleiben. Direkt danach geht es mit dem bereits genannten „Der Himmel soll brennen“ sowas von rockig weiter. Und irgendwie ist dieses Mal alles, aber auch wirklich alles drin. Sogar der von mir so schmerzlich vermisste Ska-Einschlag findet sich im bereits erwähnten „Der Himmel soll brennen“. Sooo schön, mehr davon bitte.

Ich bin schwer begeistert, was Torben Höffgen (v.), Adrian Kühn (g.), Stefan Wirths (b.) und Henning Münch (d.) aus dem eher verträumten Ruppichteroth mit „Kapitel 10: Wilde Augen“ vom Stapel gelassen haben. Der Unterhaltungswert stimmt bei beiden Alben, lediglich die Ausrichtung weicht voneinander ab. Der Abgeh-Faktor ist beim roheren Kapitel 10 größer, aber qualitativ stehen die beiden Alben sich in nichts nach. Man merkt dem Quartett den Spaß, die Freude und die jahrelange Freundschaft in jedem Song an. Vielleicht sitzt nicht jeder Ton, vielleicht ist nicht jede Note ein Meisterstück, aber als Gesamtwerk KÄRBHOLZ ist der 4er nicht mehr aus der Szene wegzudenken. Ich bin happy mit „Kapitel 10: Wilde Augen“ und kann es jedem Fan deutscher Musik nur empfehlen. Ich hoffe, einige Tracks auf dem kommenden Heimspiel zu hören.
Chapeau, meine Herren. Ich bin verzückt!

Tänski

Ein Träumsche: 

TALENTSCHMIEDE: Jensen

Band:
JENSEN

Gegründet:
Ende 2020

Herkunft:
Stendal

Mitglieder:
Jens – Gitarre, Vocals
Lappi – Bass, Backings
Steve – Drums

Stil:
Deutschrock

Veröffentlichungen:
EP: „Zeit zu gehen“, 2023

Einflüsse:
Rum-Cola 😜

Was wir die nächsten fünf Jahre erreichen möchten:
So viel live spielen wie möglich. Rock am Ring ist im Fünf-Jahresplan auf alle Fälle mit drin. Was natürlich auch ganz weit vorne steht, ist der finanzielle Aspekt – wenn wir es schaffen, dass sich die ganze Sache selber trägt, wäre das ein ganz großer Schritt. Des weiteren unsere Online-Präsenz auch weiter auszubauen. Wir sind ja nun seit sage und schreibe ca. acht Wochen auf allen gängigen Plattformen vertreten.
Dafür brauchen wir regelmäßig Material.

Was als nächstes kommt:
Auf alle Fälle die nächste Scheibe. Material ist genug da. Soll etwas zackiger werden, dass wir die Kopfnickerfraktion bedienen. Und wichtig sind auch weitere Videos. Da arbeiten wir dran.

Unsere beste Erfahrung bis jetzt:
Die Zeit im Studio war bis jetzt die beste Zeit. Schön Gruß an Peter und Elvis. Studio kann auch Spaß machen. Nächstes Mal müssen wir nur auf unsere Leberwerte achten.

Unser peinlichster Moment:
Gabs leider noch nicht. Jedenfalls nichts, was jetzt besonders raussticht.

Mit wem wir gerne ein Bierchen trinken würden und warum:
Daniel Wirtz, Jakoby Shadax, Hagen Stoll, Stephan Weidner, Sully Erna, LEMMY, Robert Plant, Jimmy Page, Mötley Crue, Slash, Duff McKagan… weil sie lebende Legenden sind und ’nen Haufen lustiges Zeug aus ihrem Leben erzählen können.

Wenn wir uns eine Band aussuchen könnten, mit der wir auf Tour gehen dürfen:
Könnte man ja gleich mit den oben genannten Herrschaften verbinden.

Das Beste daran, in einer Band zu spielen:
die Bandkollegen!

Das Schlimmste daran, in einer Band zu spielen:
zu wenig Zeit, die Schlepperei nach den Gigs und dem ganzen Drumherum, das nichts mit Musik zu tun hat.

Online:
Homepage: www.jensenmusic.de
Facebook: www.facebook.com/jensenmusic.de
Instagram: www.instagram.com/jensenmusic.de

Musik:
Spotify: www.open.spotify.com/artist/3bUbmwRe2w3HOK5ejsmXZg
Youtube: www.youtube.com/watch?v=OzQ3pVtgyEs

Live-Dates:
18.03.23 – Hanseat Salzwedel
06.05.23 – Tattoo Convention Perleberg

KÄRBHOLZ – Barrikaden

Trackliste:

01. Barrikaden
02. Raubtier
03. Unter ferner liefen
04. Gar nichts
05. Eins gegen Eins
06. Der Zug
07. Mut gegen Perspektive
08. Ohne Deckung
09. Ja zum Leben
10. Zu dir oder zu mir
11. Gib mir Deine Hand

Spielzeit: 40:57 min – Genre: Deutschrock – Label: Metalville – : 24.03.2023 – Page: www.facebook.com/Kaerbholzoffiziell

 

Als bekennender KÄRBHOLZ Fan ist es mir jedes Mal wieder aufs Neue eine große Freude, ein Album der Ruppichterother ins Visier zu nehmen. Und obwohl ich jedes Mal versuche, so neutral wie möglich ein Review zu schreiben, schleicht sich dann doch immer wieder mal die Fanliebe rein. Aber was soll ich sagen, die Jungs sind einfach gut und schaffen es immer wieder, mich komplett abzuholen. Ob es dieses Mal auch klappt?
NATÜRLICH. Auch mit Album #11 „Barrikaden“ schaffen es die Kinder aus Hinterwald nicht, irgendjemanden zu vergrätzen oder irgendwo in der Deutschrock-Pampa zurückzulassen. Fanliebe hin oder her, KÄRBHOLZ wissen einfach, wie es geht. Und dafür reichen die einfachsten Zutaten, man muss nur wissen, wie man sie zusammenmischt. Und genau das tun KÄRBHOLZ schon seit 18 Jahren. Jawoll, ihr habt richtig gelesen, dieses Jahr werden sie volljährig. Dem Album merkt man das Alter der Band nur soweit an, dass sie im Laufe der Jahre professioneller und technisch versierter geworden sind, die Texte, die Melodien, alles andere ist immer noch jung, frisch und überzeugend. KÄRBHOLZ erzählen Geschichten aus dem Leben und das wird auch nach so langer Zeit einfach nicht langweilig.
Mit dem rebellischen „Barrikaden“ legt das Quartett dann auch schon direkt mit Vollgas los. Kerniger Rock mit metallischen Einschlag, der sich gegen Regeln, festgefahrene Gesellschaftsstrukturen und zwischenmenschliche Glaubensgrundsätze richtet. Die „Barrikaden“ reißen KÄRBHOLZ mit dem Opener laut krachend kurzerhand ein. Ein super Start, der so richtig Bock auf mehr macht. Und dieser Wunsch kommt auch bei den folgenden Songs nicht zu kurz. Die erste veröffentlichte Single „Raubtier“ versucht das vielleicht eingestaubte Raubtier in einem Selbst lautstark wieder zu wecken, während sich nicht weniger leise „Unter Ferner Liefen“ der Unvernunft und dem Gefühl der darauffolgenden vernebelten Sinne hingibt. Etwas langsamer, aber nicht weniger knackig wird es mit „Gar Nichts“, ein Song über sich ins Negative verändernde Freundschaften. Und das sind nur die ersten Songs auf der neuen Scheibe, die schon zu überzeugen wissen.
Welche musikalische Bandbreite KÄRBHOLZ haben, zeigen sie eindrucksvoll auf dem mittlerweile 11. Studioalbum „Barrikaden“. Das krachige „Mut Gegen Perspektive“, der „Mutmacher“ des Albums, der Song „Ohne Deckung“ (um nur mal zwei zu nennen) zeigen, mit wieviel Vollgas und Rückgrat die Ruppichterother auch nach 18 Jahren noch unterwegs sind. Auch wenn der Fuß vom Pedal genommen wird und sich ein ruhiger Song zwischen die rockigen Nummern tummelt, ist das einfach nur stimmig. So wird das vertonte Gedicht „Der Zug“, live sicherlich für Gänsehaut sorgen, der Song ist trotz aller melodischer Melancholie textlich einfach nur ein extrem starkes Teil.
Mit der gesungenen Liebeserklärung „Gib Mir Deine Hand“ läuten KÄRBHOLZ nach 40 Minuten das Finale ein und geben auf den letzten 5:29 Minuten nochmal so richtig schön Vollgas. Mit der langsam ausklingenden Gitarre als Outtro verabschieden sich die Jungs mit einer nonchalanten Verbeugung von den Zuhörern. Wirklich gelungen! 
Aber wie immer braucht es ein paar Durchgänge (zumindest bei mir). Es gibt jedes Mal neues zu entdecken und manchmal braucht es ein paar Runden, um „zwischen den Zeilen zu lesen“ und einen Song als Ganzes zu erfassen. KÄRBHOLZ haben mich auch mit „Barrikaden“ komplett abgeholt. Einziges Manko ist das Cover. Jungs, wie soll man sich das tätowieren lassen?
Trotz des Covers *zwinker* … KÄRBHOLZ machen lebensbejahende Beatmusik, die mit Vollgas Rock’n’Roll überzeugt. Danke, danke, danke dafür und ich schicke euch glitzernde 9 Sternchen in den Hinterwald.

Tänski

Unbedingt reinhören

 

 

 

HÄMATOM – Die Liebe ist tot

Band: Hämatom
Album: Die Liebe ist tot
Spielzeit: 34:31 min
Stilrichtung: Metal, Rock, NDH
Plattenfirma: Anti Alles
Veröffentlichung: 03.12.2021
Homepage: www.facebook.com/haematommusic

Ich kenne Menschen, die schon seit langen Jahren bekennende HÄMATOM-Fans sind. Das ist erstmal nicht schlimm, allerdings ist die Band bisher irgendwie komplett an mir vorbeigegangen. Um diese Lücke nun endlich zu schließen, werde ich mich jetzt mal an das Review einer gestanden deutschen Rockband machen, die ich eigentlich gar nicht kenne. Mal schauen, ob mir dieses Vorhaben gelingt.
Aber fangen wir mal mit meinen Recherchen zur Historie der Band an. Bereits im Jahr 2004 im beschaulichen Speichersdorf im Landkreis Bayreuth gegründet, bestehen HÄMATOM seit der Gründerzeit aus den vier Himmelsrichtungen Thorsten „Nord“ Scharf (v.), Jacek „Ost“ Zyla (g.), Peter „West“ Haag (b.) und Frank „Süd“ Jooss (d.). Bekannt wurden die Jungs natürlich hauptsächlich durch ihre Musik, aber ich möchte ihre aufwendige Bühnenkostüme (weiß und schwarz geschminkte Gesichter, Masken, geile Klamotten) nicht unterschlagen. Optisch eine Mischung aus KISS und SLIPKNOT (sorry für den billigen Vergleich, mir ist nichts besseres eingefallen). Auch ein Markenzeichen, das die Band bis heute unverwechselbar macht.
Musikalisch wurden anfangs noch Märchen im Stil der Neuen Deutschen Härte vertont, im Laufe der Jahre haben sich HÄMATOM aber weiterentwickelt und nehmen nun gesellschafts- und sozialkritischen Themen in ihren Songs auf. Das ist auch bei „Die Liebe ist tot“ nicht anders und das ist auch gut so.
Gestartet wird mit „Dagegen“, ein Song dessen Intro mit einem elektronisch angehauchten „„Sag mir wo die Träume sind. Wo sind sie geblieben? … “ gesungen durch einen Kinderchor episch wirkt und definitiv auch als Opener für jedes Konzert herhalten kann. Der Einstieg von HÄMATOM in den Song kommt leicht und melodisch exakt bei Minute Eins um dann krachend sein volles Potenzial zu entfalten. Leute, damit hatten mich die Jungs schon. Ein super Song, der hart und kämpferisch und einfach nur Bock auf mehr macht.
Auch die nächsten Songs lassen musikalisch und textlich nichts vermissen. „Jeder gegen Jeden“ prangert die heutige und vor allem momentane Ellbogengesellschaft an und wie kurz die Zündschnur bei einigen von uns bereits geworden ist. „Ihr wisst gar nichts über mich“ greift das Thema Vorurteile musikalisch auf, während bei „Ich hasse euch alle“ die Wut nur so hinausgeschrien wird. Das Lied ist musikalisch gesehen kein Highlight der Platte, aber die Wut ist so authentisch, dass ich es mir in bestimmen Situation durchaus gut vorstellen kann (z.B. beim Autofahren oder wenn ich mal wieder Facebook Kommentare lese). Aufgehorcht habe ich bei „Ficken unsern Kopf“. Die Kollaboration mit den Rappern der 257ERS klingt erstmal gewöhnungsbedürftig, aber nach dem einen oder anderen Durchgang merkt man dann doch, wie gut das zusammenpasst. Ein absoluter Partyhit. Auch die nachfolgenden Tracks zeigen, wo der Frosch die Locken hat. Krachend, laut und dazu noch mit nahezu perfekter Gitarrenarbeit untermalt zeigen HÄMATOM deutlich, was sie können. Mann, warum hab ich da nicht mal früher hingehört?
Mit dem letzten Song wird es dann noch besinnlich melancholisch. „Zeit zu gehen“ zeigt die weiche Seite der Band. Das könnte ich mir auch als passendes Outtro für die nächsten Konzerte vorstellen. Ein passender Abschied für ein geiles Album. Und nach 10 Songs in knapp 35 Minuten ist mein erstes HÄMATOM-Erlebnis auch schon wieder vorbei. Aber das war definitiv nicht das letzte Mal, dass ich mir die Jungs aus Franken reingezogen haben.

Fazit: HÄMATOM mögen das Rad der Rockgeschichte nicht unbedingt neu erfunden haben, es liegt einzig an der Umsetzung. Und das kriegen die Jungs hin. Aber sowas von. Sowohl musikalisch als auch textlich haben mich die vier Himmelsrichtungen überzeugt und ich werde mir definitiv auch noch die älteren Sachen reinziehen. HÄMATON haben bumms und Arsch in der Hose, genauso will ich meine Musik hören. Laut und mit Gitarrengeschrammel, dazu werden unliebsame Themen angesprochen und kein Blatt vor den Mund genommen (Schimpfwörter inklusive).
Die Party vor der Bühne kann ich mir jetzt schon lebhaft vorstellen und das nächste HÄMATOM-Konzert steht auf meiner Liste. Kenne ja genug Leute, die mitkommen werden 😉 Und noch eine kleine Phrase zum Schluss: Die Liebe mag ja tot sein, HÄMATOM sind es noch lange nicht.

Anspieltipps: Dagegen, Liebe auf den ersten Fick, Ficken unsern Kopf

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Dagegen
02. Jeder gegen jeden
03. Ihr wisst gar nichts über mich
04. Liebe auf den ersten Fick
05. Ich hasse euch alle
06. Ficken unsren Kopf feat. 257ers
07. Zahltag
08. So wie wir
09. Ich will erst schlafen wenn ich tot bin
10. Zeit zu gehen

Tänski

Treibt es wild und bunt:

BETONTOD – Pace Per Sempre

Band: Betontod
Album: Pace Per Sempre
Spielzeit: 35:04 min
Stilrichtung: Punkrock, Deutschpunk
Plattenfirma: Betontod Records
Veröffentlichung: 29.10.2021
Homepage: www.facebook.com/antirockstars

Schon seit 30 Jahren beglücken uns die Punkrocker von BETONTOD mit ihrer Mischung aus Deutschpunk, Metal und Rock und gefühlt werden die Jungs mit zunehmendem Alter nicht nur grauer, sondern auch besser. Allen Unkenrufen zum Trotz behaupten sich die Rheinberger in der ersten Riege eines häufig totgesagten Genres und liefern mit jedem Album komplett ab. Was unseren Schlagerpunks von den TOTEN HOSEN an Härte oder anderen Punkbands an Inhalt fehlt, füllen BETONTOD mit ihren Songs locker auf. Es wird kein kritisches Thema ausgelassen und immer an den richtigen Stellen der manchmal erforderliche Zeigefinger gehoben, ohne dabei allzu schulmeisterlich zu wirken. Auch das ist eine Kunst, an der viele Bands scheitern oder ins Gejammere über die böse Welt abfallen.
Schon der erste Track „Regenbogen“ macht deutlich, wie BETOND ticken. Gitarrero Frank „Eule“ Vohwinkel dazu passend „In diesen Zeiten wieder gepanzerte Wasserwerfer vor dem Reichstag auffahren zu sehen, ist ein wirklich verstörendes Bild. Es wird heute immer schwerer, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Deshalb haben wir den Text auch ganz bewusst interpretationsoffen gehalten. Am wichtigsten ist, sich nicht noch weiter von irgendwelchen Populisten der verschiedensten Lager spalten zu lassen, sondern gemeinsam auf einer Seite zu stehen.“ Starke Worte einer starken Band. Noch deutlicher wird es bei „Hals-Maul-Arsch-Gesicht“, ein Lied, welches sich ganz klar mit den Stammtischpatrioten und -parolen auseinandersetzt und auch mit den sogenannten „Alternativen“ aufräumt. Klar, kantig, knackig und einfach Punk. Punkt.
Dass man auch friedlich zusammenleben kann und ein Miteinander immer möglich ist, zeigen uns BETONTOD in Songs wie „Pech & Schwefel“ oder „Retro“. Auch ruhige Songs wie „Wirklich Wichtig“ kommen auf „Pace Per Sempre“ nicht zu kurz, vor allem was Inhalte angeht, die zum Nachdenken anregen. Jeder sollte mal mehr als nur einen Gedanken verschwenden, was einem wirklich ist und auf was (vor allem materielles) wir auch mal verzichten sollten. Genau das spiegelt „Wirklich Wichtig“ in perfekter BETONDTOD-Manier.
Natürlich kommt bei aller Ernsthaftigkeit auch der Spaß nicht zu kurz. Eine kleine Hommage an Karl Lagerfeld und sein legendäres Zitat zum Thema Jogginghose findet sich in „Jogginghose Forever“ wieder. Eine Liebe, die vermutlich so mancher im Homeoffice in Corona-Zeiten absolut nachvollziehen kann. Und das schreibe ich, während ich im Jogginghosen-Pendant, nämlich der Gammelleggings vor dem PC sitze und dieses Review schreibe.
Vielleicht zünden nicht alle Songs, an mir geht zum Beispiel der Song „Bist du da“ irgendwie komplett vorbei, doch durch das große Hitpotenzial und den Spaß, den ich mit dem Album habe, fallen durchschnittliche Titel nicht mehr viel ins Gewicht. Auf „Pace Per Sempre“ wird in 12 Songs und knackigen 35 Minuten Punkrock vom Feinsten geboten. Immer schön mitten in die Fresse rein und mit viel Arschtreten als Dreingabe.
Ich bin froh, dass es in Deutschland noch Bands gibt, die so klare Kante zeigen und sich ständig für eine bessere Welt einsetzen. BETONTOD leben den Punkrock mit jeder Facette ihrer Musik und das hört und spürt man in jedem Song, in jedem Interview, in jeder Aussage. Eine Band, die gerne aneckt oder mit provokanten Aussagen den Finger in die Wunde legt. Ich wünsche mir mehr solcher Bands. Für uns, für die Welt und für den Punkrock. Vielen Dank, dass es euch gibt, ihr wunderbaren „Antirockstars“.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Regenbogen
02. Hals-Maul-Arsch-Gesicht
03. Retro
04. Pech und Schwefel
05. Jogginghose forever
06. Der nackte Kaiser
07. Wirklich wichtig
08. Wir feiern dich
09. Fliegen
10. Bist du da
11. Schatten und Licht
12. Mitternacht

Tänski

Unbedingt reinhören!!!

NINO DE ANGELO – Gesegnet Und Verflucht

Band: Nino De Angelo
Album: Gesegnet Und Verflucht (Helden Edition)
Spielzeit: 80:00 min
Stilrichtung: Rock
Plattenfirma: Ariola
Veröffentlichung: 26.02.2021
Homepage: www.facebook.com/DeAngeloNino1

 

Vor einiger Zeit sah sich meine bessere Hälfte einen Bericht über NINO im TV an, am Anfang dachte ich mir, der haut bestimmt wieder ein Schmarn Album (aus Unwissenheit) raus. Das Album kam kurze Zeit vor oder nach dem Bericht raus, während dieses Berichtes kristallisierte sich heraus das der gute NINO eingentlich ein ganz sympatischer und bodenständiger Zeitgenosse ist. Wenn man mal die Jahre im Leben des Sängers nachverfolgt zweichnet sich ein Bild das es sich um eine Person handelt die alle Höhen und noch mehr Tiefen im Leben erlebt hat. Angefangen von einem Erfolg der bis an die Spitze der deutschen Musikindustrie führte. Und auch die Schattenseiten des Lebens musste NINO durchleben, wenn ich mich noch recht erinnere, angefangen bei Drogenkonsum, Lebensbedrohliche Krebserkrankungen, bis hin zu Depressionen und auch der Pleitegeier machte neben den gesundheitlichen Problemen nicht vor NINO halt. Umso mehr kommt Nino besser den je zurück wie Phönix aus der Asche veröffentlicht er ein Top Album mit Songs die mit sehr persönlichen Texten glänzen und meiner Meinung nach eine Rezi in unserem Magazin verdient hat. Den die Songs sind nicht wie sich vermuten lässt Schlagerschnulzen sondern vielmehr gestandene Rocksongs oder eine Rockoper mit viel E-Gitarre und einer Stimme hinter den Songs die mir mehr als einmal eine Gänsehaut den Rücke runter gejagt hat.

Ich muss zugeben das ich die Alben vorher nicht gehört habe und mich bis jetzt nicht wirklich mit NINO beschäftigt habe. Man kannte NINO von damals aus der Hitparade, Ilja Richters Disco Show, dem Musikladen oder einer Show von Carrell, Kuhlenkampf oder Fuchsberger. Aus Unwissenheit genau wie bei mir mit d’Artagnan die bis zu ihrem grandiosem Album #4 an mir vorübergegangen sind. Seit ich für die Rock Garage schreibe höre ich Musik anders an wie früher, ich achte auf Details und auch die Texte spielen eine Rolle aber ich höre jetzt anders als früher zu.

Die Stimme von NINO hat nichts von ihrer damaligen Faszination eingebüsst, vielmehr kann Nino unter Beweis stellen das er einer der Besten und auch variabelsten Sänger in Deutschland ist. Mal kommt die Stimme rau und kräftig aus den Boxen, im nächsten Moment kommt die Stimme fein und zerbrechlich rüber, überzeugt dabei in jeder Variation. Ich würde sogar mal vorsichtig behaupten das NINO das Zeug zum richtig Fetten Rockstar in der Stimme hat, was er vor Jahren in der Schlagerszene schon mal war. Die Songs können auch was sind jederzeit gut hörbar, regen oft zum nachdenken an. Jeder von uns, außer die mit einem goldenen Löffel im Hintern auf die Welt gekommen sind, so wie auch ich schon mal vor einem nicht überwindbar zu scheinenden Berg stand, ob nun Gesundheitlich oder Finanziell und auch zur Demut regen die Songs an. Demütig zu sein wenn man selbst und die Familie Gesund sind, oder die Finanzlage im positiven ist, genau zum dankbar sein das es einem und seiner Familie gut geht anregend und dabei noch rocken und gefallen. Oder man muss an einen geliebten Menschen denken den man im laufe der Zeit verloren hat und auch traurig stimmend aber es handelt sich trotz all dem um sehr gute Rockmusik.

Die Mucke ist bedingt vergleichbar mit ACHIM REICHELS “Aloha Heja He”, UNHEILIG mit “Geboren um zu Leben”, BAP, WESTERNHAGEN und rockigem FALCO mal so wie einer der Vergleiche, mal was ganz eigenständiges, immer im Rock und das voll auf die Zwölf.

Der perfekte Einstieg gelingt mit “Der göttliche Plan” ein flotter Rocker mit geilen Vocals, “Helden” mit geilem Text ein starker Rocker. “Frei wie der Wind” würde sich mit englischem Text gut mit NINOS Stimme auf einem NIGHTWISH Album machen ein epischer Rocker, “Hallelujah” mit persönlichem Text und perfekt inszeniert. “Nur Du” eine Bardenballade geht bestens ins Ohr über die tiefen Punkte im Leben, “Veni Vidi Vici” großes episches Kino. “Sag es meinem Herzen bitte nicht” ein geiler Rocker, “Gesegnet und Verflucht” episch, stark, persönlicher Text, geil ohne Ende. “Zeit heilt keine Wunden” der Titel ist Programm, ein trauriger Schmachtfetzen, “Equilibrium” tja auch hier der Titel Programm auch großes Kino. “Angel lost in Paradise” ein Duett mit Scarlet Dorn mit hartem Riffing und NIGHTWISH like, “Ich bin dein Vampir” ein potentieller #1 Hit vor 30-Jahren wäre NINO damit zum Superstar geworden ein Melodiemonster mit Chören und einfach ein geiler Song. “Romeo & Juliet” erinnert positiv an WESTERNHAGEN, “Der Panther” erinnert mich an EAV mit “Der Tod”. “Sonnenkind” ein gefühlvoller Rocker. “Colonia” ein flotter Rocker, “Brennender Engel” gefühlvoll mit geilem Riffing. “Denn wir wissen nicht was wir tun” hier packt NINO mit seiner Stimme die Brechstange aus, der Mann hat ein Organ, “Jenseits von Eden (2021)” sein Smash Hit in der 2021 Version, passt von seinem poppigen Still nicht zu den anderen Songs, “Gesegnet und Verflucht” macht zum Abschluß in der Orchester Version eine genauso gute Figur wie mit E-Gitarre.

Fazit:

Phönix existiert doch in Form von NINO DE ANGELO, der Mann hat eine Stimme die einem kalte Schauer über den Rücken laufen lässt, mit einem Rucksack voll Rocksongs die überzeugen. Mit sehr persönlichen Texten lässt NINO tief in seine Vergangenheit blicken in der das Schicksal dem Sänger öfter als nur einmal den Boden unter den Füssen weg zog. Vom Leben gezeichnet ist dieses Album eine Abrechnung mit der nicht immer so tollen Vergangenheit NINOS. Erwachsen mit Dampf steigt NINO aus der Asche empor und legt nebenbei ein fast perfektes Rockalbum vor. Ich vergebe für diesen Diamanten eine Bewertung von 9 Punkten.

 

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Der göttliche Plan
02. Helden
03. Frei wie der Wind
04. Hallelujah
05. Nur Du
06. Veni Vidi Vici
07. Sag es meinem Herzen bitte nicht
08. Gesegnet und Verflucht
09. Zeit heilt keine Wunden
10. Equilibrium
11. Angel lost in Paradise (feat. Scarlet Dorn)
12. Ich bin dein Vampir
13. Romeo & Juliet
14. Der Panther (feat. Chris Harms)
15. Sonnenkind
16. Colonia
17. Brennender Engel
18. Denn wir wissen nicht was wir tun
19. Jenseits von Eden (2021)
20. Gesegnet und Verflucht

Balle

EXISTENT – Kartenhaus

Band: Existent
Album: Kartenhaus (EP)
Spielzeit: 17:25 min
Stilrichtung: Modern German Metal/Rock
Plattenfirma: Existent GbR
Veröffentlichung: 23.07.2021
Homepage: www.facebook.com/band.existent

Der Vorteil als Rezensent eines Online-Mucke-Magazins unterwegs zu sein, ist auf jeden Fall, man kommt immer irgendwie an Musik ran. Manchmal gut, manchmal muss man ein Review dann aber auch verweigern, weil bei den ersten Tönen schon der Kopf weh tut. Im Falle von EXISTENT war die Sache aber sofort klar, die wollte ich haben. Bisher komplett an mir vorbeigegangen (naja, es gab ja auch erst ein Album), wird der Bekanntheitsgrad mit der EP „Kartenhaus“ sicherlich exorbitant in die Höhe schnellen.
Verdient hat das die Hamburger Band, bestehend aus Marcel Dummer (v, g), Julian Jung (g), Jonas Mensing (b) und Dominik Schmidt (d), auf alle Fälle. Als fixe Idee langjähriger Freunde bereits 2013 gegründet, haben EXISTENT im Jahr 2016 ihr erstes Album „Startschuss“ rausgehauen. Mittlerweile sind die Jungs älter geworden und stellen sich uns nun gereifter und erwachsener vor. Wie EXISTENT 5 Jahre nach „Startschuss“ klingen, hören wir wunderbar gut in der EP „Kartenhaus“. Fünf knackige Tracks mit 17 Minuten Spielzeit, eine Mischung aus Rock, Metal, eine Prise Metalcore und dazu noch eine rotzige Punk-Attitüde. Was will man mehr. Die Themen sind politisch, sozialkritisch und beschäftigen sich mit aktuellen Geschehnissen oder auch mit den Problemen, die jeder Einzelne mit sich herumträgt. Klar, so was hat man bereits tausendfach irgendwo anders gehört, aber EXISTENT klingen dabei frisch und die Themen sind textlich gut umgesetzt. Außerdem ist es immer wieder schön, Bands mit klarer Kante zu hören. Davon gibt es ohnehin zu wenig.
Schon der Oper, das Titelgebende „Kartenhaus“ zeigt ganz klar die Richtung. Unser „Kartenhaus“ ist schon lange eingestürzt. Auch wenn das Thema Klimawandel extrem abgelutscht ist, es ändert nichts an der Tatsache, dass viel zu lange viel zu wenig passiert ist. Und besser wird es durch Nichtstun eben auch nicht. Das wissen auch EXISTENT und bei den Hamburgern bleibt es auch nicht nur bei leeren Worten. Pro verkauftem Exemplar von „Kartenhaus“ wird 1 Euro an die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd gespendet.
Auch der nächste Song „Im Freien Fall“ bezieht klare Stellung, nämlich gegen rechts. Gepaart mit einem knackigen Rhythmus hält er so manchem ewiggestrigen einen Spiegel vors Gesicht „Nazi bin ich sicher nicht – das is gute Bürgerpflicht!“.
Auch „Tick Tack“ geht sofort ins Ohr, eine harte Rocknummer, die einem gefällt. Inhaltlich beschäftigt sich der Song mit der schnelllebigen Gesellschaft und das man vielleicht auch mal einen Gang zurückschalten sollte um eben nicht nur eine Maschine zu sein. Mit „Panik“ bekommen auch die Medien ihr Fett weg. Sehr gerne lösen diese mit Clickbait-artigem Journalismus ebendiese aus. Energiegeladen, mit einem absolut eingängigen Refrain donnern uns EXISTENT diese Granate um die Ohren. Ein echter Kracher, für mich der beste Song der EP.
Natürlich kommen auch ruhige Töne hier nicht zu kurz. Mit dem ruhig melancholischen Song „Das Haus am Ende dieser Straße“ handelt vom letzten Weg, den wir alle irgendwann mal gehen müssen. Sehr emotional, dazu die raue Stimme von Marcel. Gänsehaut pur. Ein perfekter Abschluss der EP „Kartenhaus“.
Was lässt sich nun nach fünf Songs und 17 Minuten Spielzeit sagen? Eigentlich nur eines: Ich will mehr davon! EXISTENT haben mich fast durchweg überzeugt. Hier und da noch eine kleine Verbesserung in den Texten um nicht in der Welt der Plattitüden zu landen, vielleicht auch mal ein oder zwei Songs, die sich mal mit komplett anderen Themen beschäftigen. Mal ein Partylied oder einfach mal ein vor Fröhlichkeit sprühender Sommersong wären in der aktuell tristen Welt ein kleiner bunter Farbklecks.
EXISTENT haben auf alle Fälle das Zeug zu mehr und ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Lebenszeichen der Hamburger Jungens war. Auch wenn die Themen vielleicht abgelutscht sein mögen, haben sie an Aktualität nichts verloren und wenn diese so gut umgesetzt werden wie bei EXISTENT, wird ein Schuh draus. Zumindest EXISTENTs Kartenhaus wird nicht so schnell einstürzen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Kartenhaus
02. Im Freien Fall
03. Tick Tack
04. Panik
05. Das Haus am Ende dieser Straße

Tänski

Damit ihr wisst, was ich meine:

DOPPELBOCK – So Schön

Band: Doppelbock
Album: So Schön
Spielzeit: 35:42 min
Stilrichtung: Folk Rock / Folk Punk
Plattenfirma: Metalville
Veröffentlichung: 28.05.2021
Homepage: www.facebook.com/Doppelbockk

Der 28.05.2021 wird DOPPELBOCK wahrscheinlich ewig im Gedächtnis bleiben, ist es doch das Datum, an dem das Debüt „So Schön“ das Licht der Welt erblickt und auf die geneigte Hörerschaft losgelassen wird. Immerhin arbeitet die Band nach eigenen Angaben schon mehrere Jahre an ihrem Erstlingswerk und jetzt endlich ist es soweit. Doch kann es auch vor den Ohren diverser Kritiker und Fans und noch nicht Fans auch bestehen? Soviel sei schon mal verraten, verkehrt gemacht haben die Buben aus Hessen nicht viel.
Gegründet hat sich das Quartett bereits im Jahre 2014 und besteht aktuell aus Sänger und Gitarrist Bruno, Tom am Bass, Schlagzeuger Klaus und Marco am Akkordeon. Wie jetzt? Akkordeon? Jepp, richtig gelesen. Statt einer zweiten Gitarre setzen die Jungens aus Gründau in Hessen auf das Akkordeon. Dabei wurde das jetzt nicht so typische Instrument so perfekt eingebaut, mir fehlt die zweite Gitarre überhaupt nicht. Es macht den Sound abwechslungsreich und sorgt für einen wunderbaren Wiedererkennungswert. Hierfür gibt es auf alle Fälle schonmal Pluspunkte. Mal abgesehen davon, dass ich als Hessin natürlich sowieso meine Freude an (guten) heimischen Bands habe. Und wenn dann auch noch die lokale Biersorte (zwar nur kurz, aber immerhin) in einem Musikvideo auftaucht („Schatten“), ist mein Herz ja schon beinahe im Sturm erobert. Und wenn es dann auch noch musikalisch ansprechend ist? Holla, die Waldfee….
Der bereits einer breiteren Fanbase bekannte Opener „Auf die Knie“ zwingt einen nicht auf dieselben, sondern macht einfach nur Bock (Doppelbock, hahahaha, grandioses Wortspiel) auf den Kneipen-Rock’n’Roll von DOPPELBOCK. Schon die ersten Akkordeon-geschwängerten Töne zeigen die Berechtigung ebenselbigen die Schunkel-Party-Mitgröl-Laune steigt im Nu. Auch die erste Single „Schatten“ (mit der bereits erwähnten heimischen Biersorte) kann absolut überzeugen. Ein klein wenig an KÄRBHOLZ erinnernd wird der punkige Mitgröl-Song vor allem live ein wahres Feuerwerk zünden. Und auch die leisen Töne beherrscht das Quartett, davon zeugt nicht zuletzt die tiefgründige Ballade „Fürst der Welt“. Und das DOPPELBOCK auch textlich zu überzeugen wissen, hört man u.a. im Titeltrack „So schön“, welches sich ganz dem ruhigen Folk der irischen Art hingibt und einen leichten DROPKICK MURPHYS Einschlag aufweisen. Tja, und wo gezwungen lustige Combos wie „MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN“ musikalisch zwar gut abgehen, aber textlich einem dann doch zu plump die biergetränkten Songs um die Ohren hauen, schlägt die Stunde von DOPPELBOCK, die ebenfalls musikalisch abzugehen wissen, aber auch textlich noch einiges dazu packen können. Besonders deutlich wird das im kritischen „Gott hat versagt“ oder im melancholischen „Wald“, dass mit altertümlichen Redewendungen über den Tod seine ganz eigene – wieder vom Akkordeon getragene – Atmosphäre ausstrahlt.
Zum Glück ist die Welt für die Hessen aber nicht zu ernst, sonst wäre ein Track wie „Wandersmann“ niemals auf „So Schön“ gelandet. Ein Volkslied wunderbar aufgepeppt, das lädt geradezu zum bierseligen Schunkeln in der ersten Reihe ein. Auf die Live-Interpretation freue ich mich jetzt schon.
Fazit:
Klar, es zünden nicht alle Songs auf dem 11-Songs umfassenden „So Schön“ und man merkt den Jungens ihre „Jugend“ an, aber auf ihrem Debüt haben DOPPELBOCK in knapp 36 Minuten verdammt gut abgeliefert. Das eher ungewöhnliche Akkordeon setzt Akzente, die Texte passen, der Gute-Laune-Faktor ist da. Die Bezeichnung Kneipen-Rock’n’Roll verdienen die Jungs absolut zu Recht. Keine platten Attitüden, sondern mit Sinn und Verstand umgesetzt um dabei rockig, punkig, folkig flott die Gehörgänge zu entstauben. Ich kann „So Schön“ alle Freunden von Rock, Deutschrock, Folk und Punk nur ans Herz legen. Und ich freu mich jetzt schon wie Bolle, dass DOPPELBOCK beim nächsten KÄRBHOLZ Heimspiel im Juni 2022 mit von der Partie sind. Jungens, wir sehen uns in der ersten Reihe 😉 Mit Bier in der Hand und in Party-Mitgröl-Laune!

 

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Auf die Knie
02. Schatten
03. Alles Gegeben
04. Fürst der Welt
05. Stirb für Uns
06. So schön
07. Am Ende
08. Gott hat Versagt
09. Wandersmann
10. Wald
11. Bis zum Schluss

Tänski

Unbedingt reinhören:

KÄRBHOLZ – Kontra.

Band: Kärbholz
Album: Kontra.
Spielzeit: 45:57 min
Stilrichtung: Deutschrock
Plattenfirma: Metalville
Veröffentlichung: 26.03.2021
Homepage: www.facebook.com/Kaerbholzoffiziell

Da is er endlich wieder, der rockige Sound aus dem Hinterwald. Zwei Jahre nach dem stellenweise gemischt aufgenommenen „Herz & Verstand“ (das Review dazu findet ihr hier: www.rock-garage.com/kaerbholz-herz-verstand/) legen unsere Jungens von KÄRBHOLZ mit „Kontra.“ (Kontra Punkt) ordentlich einen nach.
Während der Vorgänger einen dermaßen heftigen Seelenstriptease hingelegt hat, dass man den Schmerz fast körperlich fühlen konnte, scheinen die Wunden nun endgültig geheilt zu sein.
Für die ganz leisen Töne waren die Rheinländer ja noch nie wirklich bekannt, aber bei „Kontra.“ (Leute, was ein genialer Albumtitel) legen sie jetzt doch nochmal einen drauf. Laut, rockig, abwechslungsreich werden die letzten Jahre beleuchtet und einige Stücke auf „Kontra.“ hätten auch problemlos auf vorherigen Alben ihren berechtigten Platz gefunden. Was aber nicht heißen soll, dass KÄRBHOLZ irgendwelchen altbackenen Scheiß einfach nur aufgemotzt haben. Sie sind sich und ihrem Stil treu geblieben und verbinden auch auf ihrem neuesten Werk wieder Deutschrock mit Punk und Metal. Auch etwas Folk ist zu finden, ein genreübergreifendes Gesamtkunstwerk. Dabei nicht die Authentizität zu verlieren schaffen KÄRBHOLZ dabei so dermaßen locker flockig, dass es eine wahre Freude ist. Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert, wie die Jungs es schaffen in regelmäßigen Abständen so gute und qualitativ hochwertige Alben rauszuhauen. Und dann machen die auch noch Spaß. Unfassbar krass geiler Scheiß.
Schon der Opener knallt rein. Nicht nur musikalisch, sondern auch textlich. Mit „Nie Wieder“ zeigen die Jungs, was ihnen wichtig ist: „Nie wieder Führer, nie wieder Krieg“ sind deutliche Worte, denn es geht um die „Freiheit, und das was zählt“. Das der Song direkt als erstes kommt, scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Auf so ziemlich jedem Album findet sich ein Song, der den Finger mahnend aber nicht moralisch aufspielend hebt. Und „Nie Wieder“ ist nicht nur textlich ein gut gewählter Einstieg, der Herzschlag steigt schon direkt mit den ersten Akkorden und wir freuen uns auf mehr (da ist er, der Spaßfaktor).
Und mehr gibt es auch sofort mit der Singleauskopplung „Ewig Leben“. Der Song strotzt nur so vor Energie und wer jetzt noch nicht auf den Beinen ist, ist eigentlich schon tot. Jeder, der die Live Interpretation von „Ewig Leben“ beim KÄRBHOLZ Trostpflaster (www.rock-garage.com/kaerbholz-live-konzert-am-26-02-2021/) gesehen hat, weiß was ich meine.
Auch „Niemals Fallen“ – ebenfalls vorab als Single veröffentlicht – ist pure Energie und donnert direkt in den Gehörgang, ganz zu schweigen solche Songs wie „Laternenlicht“ oder der Crossover Knüppel „Leben und Tod“ mit Matthi von den genialen NASTY. Aber es gibt auch ruhige und nachdenkliche Töne auf „Kontra.“ wie z.B. das von Gitarrist und Hauptsongwriter Adrian wunderbar eingesungene „Voran“. Das alles wechselt sich mit Folk („Roter Wein“ – ganz frech bei den DROPKICK MURPHYS entliehen 😉) ab und bietet auch noch Platz für düsterschweres wie „Der Schwarze Schwan“, der uns zeigt, was Ausgrenzung und Intoleranz mit einem macht und wie daraus Hass entsteht. Dunkel zeigt sich die vierte Singleauskopplung und nicht nur der Song, auch das Video dazu sorgen für Gänsehaut pur.
Nach 13 wirklich starken Songs und knapp 46 Minuten tanzen, toben und schwitzen ist auch „Kontra.“ am Ende angekommen. Ich könnte hier ein Loblied auf jeden einzelnen Song singen, Schwachpunkte gibt es hier nicht. Zum Glück gibt es die Repeat Taste, denn ein Durchgang reicht hier definitiv nicht. Bei jedem Durchlauf gibt es Neues zu entdecken und es kribbelt noch mehr in den Füßen, die nicht stillstehen wollen. Auch nach fast 20 Jahren klingen Kärbholz frisch. Gereift, aber nicht alt. Das schafft nicht jede Band und vor allem nicht in dem Genre, in dem wir uns hier bewegen. Ich freue mich jetzt schon auf die Live Interpretation (oder wie Familie Holz sagen würde: Ich bin heiß wie Frittenfett). Einen kleinen Vorgeschmack gab es ja schon beim KÄRBHOLZ Trostpflaster und das hat schon ordentlich geknallt.
Und als wäre die Mucke nicht schon genug, haben KÄRBHOLZ ihrer Fanbox auch noch eine kleine Herzensangelegenheit in Form eines Pflanzsets für einen Baum beigelegt. Ein kleiner Liebesbeweis an die Heimat und eine tolle Geste für unsere kranken Wälder.
Mein einziges Manko auf „Kontra.“ ist, dass ein Kölsches Trinkerlied wie „Alle Systeme auf Vollgas“ fehlt. Da will ich auf’m nächsten Album aber mal wieder was von euch hören, Jungs! Ansonsten kann ich nur sagen, chapeau die Herren, ihr habt mein musikalisches Leben wieder enormst bereichert und ich hoffe, euch bald wieder live und in voller Action zu sehen. 9,5 verliebte Sterne gehen heute nach Ruppichteroth zu den Hölzern.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Nie Wieder
02. Ewig Leben
03. Niemals Fallen
04. Laternelicht
05. Ein Einsamer Ort
06. Voran
07. Schlaflos
08. Roter Wein
09. Rückenwind
10. Der Schwarze Schwan
11. Easy
12. Leben und Tod
13. Vollgas

Tänski

Und damit ihr wisst, was ich meine: