EVERGREY – Escape Of The Phoenix

Band: Evergrey
Album: Escape Of The Phoenix
Spielzeit: 58:47 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 26.02.2021
Homepage: www.evergrey.net

Steinigt mich, aber ich habe die Rezension der neuen EVERGREY ehrlich gesagt nur übernommen, um mich metallisch weiterzubilden, da diese einigermaßene Institution bislang immer an mir vorbeiging. Daher kommt hier ein Review, das “Escape Of The Phoenix” nicht im Kontext der anderen Veröffentlichungen der Schweden betrachten kann, sondern die Platte ganz naiv als das nimmt, was sie ist.
Und Jeeeesus, da scheint mir in der Vergangenheit etwas entgangen zu sein. Vom Sound, insbesondere dem mächtigen, vollen und irgendwie gleichermaßen weichen wie harten Rhythmusgitarrensound, von der Präzision des Bedienens der Instrumente und vom emotional-ausdrucksstarken Gesang will ich gar nicht anfangen, das ist Arbeit auf höchstem Niveau. “Escape Of The Phoenix” ist eine Zusammenführung unterschiedlicher Stilmittel zu einem großen, homogenen und verdammt dichten Gesamterlebnis. “Intensiv” trifft es wohl am besten angesichts der Tatsache, das das Wort in meinen Notizen zu praktisch jedem Song auftaucht,
Was sind nun diese Stilmittel? Nun, eine Abwechslung aus ruhigen Passagen, die sich angemessen Zeit nehmen, harten schonungslosen Passagen mit böser Riffarbeit und ordentlich Drive und kraftvollen Passagen mit mitreißenden Melodien und fetter Wall of Sound dahinter. Weitere Stilmittel wären dezenter Synth-Einsatz, der jedoch nie störend fremdkörperhaft anmutet, sondern dank der Soundauswahl und der geschmackvollen Integration in den Gesamtkontext immer funktioniert. Ein weiches Klavier kommt recht häufig zum Einsatz, verleiht der Platte durch seine Melodien manchmal ganz leichte Gothic-Vibes, aber stimmungstechnisch passt das eben auch.
Ohrwurmkandidaten finden sich selten auf “Escape Of The Phoenix”. Zwar ist das zwölfte Album von EVERGREY durchgängig hochmelodisch, doch sind die Melodien eher von der Sorte, die einen durch diese düster leuchtende Klangwelt tragen und die einzelnen Momente zum Zeitpunkt des Hörens kostbar machen. Der Hörprozess ist zweifelsohne meditativer als bei einem vergleichbar melodischen Power-Metal-Album. Nichtsdestotrotz gibt es keine einzige Melodie, die auf “Escape Of The Phoenix” nicht angemessen wäre, auch ihre zeitweise Poppigkeit (im Anfangsstadium) vermag daran nicht zu rütteln; So könnte aus “You From You” vor dem ersten kompletten Bandeinsatz auch locker ein (melancholischer) EDM-Hit werden und “Eternal Nocturnal” kommt direkt mal mit Schellenkranz und Bumm-Zapp-Drums im Chorus und noch etwas poppigerer Melodie.
Das ist allerdings in dem Maß nicht die Norm. EVERGREY schaffen es, modernere Alternative-Rock-Wendungen einfach durch die musikalische Einordnung so gut umzudeuten, dass sie damit massiv an Wert gewinnen. Das, in Verbindung mit dem durch die Abwechslung von wunderschön ruhigen und dazu passenden mächtigeren metallischen Parts, erschaffene Kontrastreichtum, dazu die besagte Intensität, das Vermögen, den Zuhörer emotional zu fesseln, macht EVERGREY zu einer Band, deren Alben ich mir ab jetzt ohne Frage zu Rezensieren reservieren werde.

Fazit:
Wieder so ein Album ohne Anspieltipps. Aber warum auch? “Escape Of The Phoenix” ist eine der Scheiben, die mit einem guten Getränk und in gemütlicher Atmosphäre einfach als Ganzes wirken gelassen werden sollten. Großes emotionales Kino für die Ohren in 8K!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Forever Outsider
02. Where August Mourn
03. Stories
04. Dandelion Cipher
05. The Beholder
06. In Absence Of Sun
07. Eternal Nocturnal
08. Escape Of The Phoenix
09. You From You
10. Leaden Saint
11. Run

Jannis