VOICE – Holy Or Damned

Trackliste:

01. Nevermore
02. The Silence Of Prescience
03. In This World
04. Dream On
05. Schizo Dialogues
06. Tears In The Dust
07. Chatroom Whispering
08. Privateer (Bonus Track)
09. Let’s Go Ahead (Bonus Track)
10. Only Grey Remain (Bonus Track)
11. Petrified Dreams

Spielzeit: 64:57 min – Genre: Heavy Metal – Label: Massacre Records – VÖ: 12.07.2024 – Page: www.facebook.com/VOICEmetalband

 

Mal wieder Zeit für eine Heavy-Metal-Band aus Deutschland, von der ich im Leben noch nicht gehört habe. Angesichts der weniger als 700 Facebook-Fans wage ich zu behaupten: Ihr auch nicht.
Also, kurze Bandvorstellung: VOICE gibt es seit 1996, dann haben sie bis 2003 vier Alben veröffentlicht und sind dann für 14 Jahre von der Bildfläche verschwunden, um 2017 wieder aufzutauchen und nun 2024 ihr sechstes Album, „Holy Or Damned“, rauszubringen.
Wenn man sich Bands wie BRAINSTORM (an die VOICE gerne mal erinnern) oder RAGE anschaut, weiß man: Deutsche Bands können sehr gut zwischen Heavy und Power Metal pendeln. Das tun VOICE auch. Kompositorisch ist das schon Heavy Metal, mit schöner zum Vibrato neigender Stimme von Oliver Glas, der standardmäßig in tieferen Sphären unterwegs ist, in höheren aber einen ebenso hervorragenden Job macht. Sehr melodieorientierter Heavy Metal aber, der sich nicht scheut, einen Großteil seiner Songs mit kleinen AddOns wie Orchester-Instrumenten, E-Orgel, Klavier, Chor, nicen Glocken oder subtilen Synthesizern anzureichern. All das jedoch so geschickt in den Hintergrund verwoben, dass die Metal-Ebene der Platte nicht verwässert wird. Allenfalls die Streicher oder das Klavier dürfen mal mehr an die Oberfläche, aber auch nur da, wo wirklich angemessen. Größtenteils sind die Songs im Midtempo gehalten, gut nickbar, mit erfreulichen Ausbrüchen in schnellere BPM-Zahlen.
Produktionstechnisch ist „Holy Or Damned“ echt gut geworden, lediglich die Orchestersounds klingen etwas billig, wenn sie nicht von ausreichend Band-Action umgeben sind. Sonst stimmt hier alles, die smooth eingefügten Backing Vocals, ein stabiles Drumset, guter Basssound.
Apropos Basssound: Darf der Bass sich mal mehr austoben, beweist er fantastisches Fingerspitzengefühl in seinen Lines, dem steht der Rest der Band aber auch in nichts hinterher. Die Arrangements, das Gespür für das konstruktive Zusammenspiel der Instrumente, des Gesangs und der kleinen Bonus-Sounds ist top. Das Album wirkt quasi durchgängig intuitiv absolut stimmig, ohne dass einer der Instrumentalisten zwischendurch mal seine Extrawurst-Minute bräuchte und dadurch das Gesamtbild stört.
Kleine progressive Elemente sind auch am Start, aber so wenig nach Aufmerksamkeit heischend, dass man sie nicht bemerken würde, würde man nicht explizit darauf hören.
Melodietechnisch erfüllt die Komposition ihren Zweck, bleibt aber doch oftmals auf gutem Durchschnittsniveau, was auch soweit der einzige Kritikpunkt ist, der bei „Holy Or Damned“ wirklich zu Buche schlägt. Das Ding gehört nicht zu denen, die man einmal hört und dann einen Monat später wieder auf ein Lied stößt und sich dann direkt daran erinnert. Klar, Melodien sind durchgängig vorhanden, oft groß, intensiv und nicht selten emotional, aber an diesem Punkt hat man wohl doch etwas zu oft auf Routiniertheit gesetzt.

Fazit:
Handwerklich macht den Jungs von VOICE keiner was vor, und ihr neuster Longplayer ist alleine deswegen schon einen Hördurchgang wert. Wer melodiöse Offenbarungen sucht, findet hier nicht ganz zu seinem Glück, aber „Holy Or Damned“ ist hervorragend gemachter melodischer Heavy Metal von talentierten Musikern, die am lebenden Objekt gelernt haben, anstatt das Lehrbuch lesen zu müssen.

Anspieltipps:
„Tears In The Dust“, „In This World“, „Schizo Dialogues“ und „Let’s Go Ahead“

Jannis