HAKEN – Virus

Band: Haken
Album: Virus
Spielzeit: 51:59 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Inside Out
Veröffentlichung: 05.06.2020
Homepage: www.hakenmusic.com

Endlich liegt es nun vor, das nunmehr 6te (full-length) Album der Prog-Metal Band HAKEN und wer gehofft hatte, dass nach dem doch recht harten „Vector“ nochmals die frühere Luftigkeit in den Sound der Truppe Einzug halten würde, sieht sich schon beim gnadenlos nach vorne knüppelnden „Prosthetic“ eines Besseren belehrt. Man fühlt sich an seelige „Train of Thought“ Zeiten erinnert, wenn die Jungs maximal vertrackt und vehement durch die Botanik krachen. Zwar gibt es auch leichtere Momente wie in „Invasion“ oder dem genialen „Canary Yellow“. Aber im Grunde ziehen HAKEN auch auf „Virus“ nochmals ordentlich vom Leder. Schmeichelnde Melodiebögen waren noch nie HAKEN´s Sache – die Sorte von Melodien die etliche Powermetal Vertreter so inflationär nutzen und die sich umgehend im Gehörgang festsetzt, derer man aber genauso schnell wieder überdrüssig wird. Stattdessen betört Sänger Ross Jennings den Hörer auch diesmal wieder abseits der ausgetretenen Pfade und liefert das, was die Fans an der Band schon immer geliebt haben und was HAKEN von der Konkurrenz absetzt: Eigenwilligkeit bzw. Eigenständigkeit.

Das als limitiertes 2CD Mediabook (inkl. instrumental Versionen), Standard CD Jewelcase, Doppel-Vinyl (inkl. CD) oder als Download erhältliche und abermals von Adam ‘Nolly’ Getgood soundtechnisch veredelte Album naht sich problemlos ein in die bisherige herausragende Diskographie der mittlerweile multinationalen Truppe. Einziger, minimaler Schwachpunkt der neuen Platte ist das nicht durchweg zwingende, in 5 Kapitel unterteilte „Messiah Complex“. Da haben HAKEN im Laufe ihres bisherigen Schaffens schon bessere Longtracks komponiert, auch wenn einzelne Tracks wie das an moderne Dream Theater angelehnte „Ivory Tower“ ihre Stärken haben. Natürlich wird auch auf „Virus“ Intertextualität wieder großgeschrieben und so darf der Fans sich auf die Suche begeben, die einzelnen kleinen Fragmente zu finden, die in Tracks wie z.B. „Ectobius Rex“ versteckt und auf ältere Songs aus dem Backkatalog verweisen. Dies, zusammen mit den packenden Texten und der schieren Wucht an musikalischen Geniestreichen sollten den Hörer für viele Durchläufe gebannt unter den Kopfhörern halten.

Ich mache es kurz: „Virus“ ist ein weiterer Kacher in der an Highlgights nicht gerade armen Diskographie von HAKEN. Die Jungs stecken ähnlich gelagerte Veröffentlichungen auch diesmal wieder locker in die Tasche. Fans des Genres sollten hier eigentlich nur eines tun: in den Einkaufswagen klicken und geniessen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Prosthetic
02. Invasion
03. Carousel
04. The Strain
05. Canary Yellow
06. Messiah Complex i: Ivory Tower
07. Messiah Complex ii: A Glutton for Punishment
08. Messiah Complex iii: Marigold
09. Messiah Complex iv: The Sect
10. Messiah Complex v: Ectobius Rex
11. Only Stars

Mario

PARALYDIUM – Worlds Beyond

Band: Paralydium
Album: Worlds Beyond
Spielzeit: 45:41 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Frontiers Music s.r.l.
Veröffentlichung: 12.06.2020
Homepage: www.facebook.com/paralydium

Es gibt, grob gesagt, drei unterschiedliche Arten von Progressive Metal. Den selbsternannt progressiven, der pro Song einen Taktwechsel hat und dazu ein Lead-Synthesizer, den takttechnisch progressiven, der dem Zuhörer abstrakt getaktetes paralleles Gehacke von Drums und Gitarren um die Ohren zimmert (muss klug sein, ist parallel gespielt) und oft den kleinen Beigeschmack von Selbstfeierei innehat, und den melodisch progressiven, dessen Ausgefeiltheit primär in den Melodieführungen verankert ist. PARALYDIUM sind 70% das zweite, 30% das dritte. Zwischen SYPHONY X, PAGAN’S MIND, SEVENTH WONDER und DREAM THEATER liegen ihre Einflüsse laut Promotext, der sich mit den beim Hören entstehenden Eindrücken absolut deckt.
Der Sound ist stabil, vielleicht etwas höhenlastig aber auf jeden Fall genießbar. Er gliedert sich auf in eine ziemlich hart bratende Gitarren und knallende Rhythmusfraktion, in passenden Prototyp-Prog-Metal-Gesang, teils ergänzt um nicht minder passende weibliche Gastvocals, und Keyboards, die dem Sound eine wärmere, weichere Komponente verleihen. Dieser Kontrast zwischen hart und weich ist momentan ja einer der gängigen Prog-Metal-Sounds, klingt zugegebenermaßen aber auch geil.
Die 70%-Technik-Prog-Seite des ganzen ist ausgefeilt und gekonnt umgesetzt. Klar, das Standard “BAMM – Pause – BAMMBAMMBAMM – kurze Pause – BABAMM” ist öfters anzutreffen, aber abseits dessen sind die Instrumental-Arrangements doch immer wieder für eine kleine Überraschung zu haben. Da steckt auf jeden Fall eine überdurchschnittliche, wenn auch nicht ganz krasse Menge an Kreativität hinter und auf technischer Ebene macht die Platte durchaus acht von zehn Spaß.
Auf der 30%-Melodieebene (zumeist wird aus dem instrumentalen Taktgespiele eher straighter 4er-Takt, wenn die Vocals dazukommen, unter Ausnahmen, beispielsweise der Polyrhythmik-Strophe von “Crystal Of Infinity”) ist man eher im 7/10-Bereich unterwegs. Da gibt es Ausnahmemelodien wie den grandiosen, mit delikaten Dur-Wendungen angereicherten Feierlichkeitschorus von “Seeker Of The Light”, aber generell bewegt man sich für professionell klingenden Prog-Metal im überdurchschnittlichen aber unter-epiphanischen Bereich.
Das ist in der Kombination aber nicht allzu schlimm. Wo die Melodien mal nicht unterhalten, unterhalten die komplexe Taktarbeit, die gut eingesetzten Synths oder im schlimmsten Fall ein etwas billigerer Gänsehaut-Erzeugungs-Faktor. Irgendwas ist immer, was den Hörer von “Worlds Beyond” bei Laune hält.

Fazit:
Und weil die Bandleistung stimmt, machen wir aus den im Schnitt 7,5 Punkten einfach mal acht. Wer die aktuelle Art von keyboardlastigem, ansonsten hart produziertem Technik-Melodie-Mix-Progressive-Metal mag, der sollte von PARALYDIUMs (erstem richtigem) Album absolute Grundbedürfnisbefriedigung, und nicht selten mehr als das, erfahren Stellt beispielsweise die aktuelle SEVENTH WONDER absolut in den Schatten.

Anspieltipps:
“Synergy”, “Seeker Of Light” und “Crystal Of Divinity”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Enter Paralydium
02. Within The Sphere
03. Synergy
04. Finding The Paragon
05. Crystal Of Infinity
06. Awakening
07. The Source
08. Into Divinity
09. Seeker Of The Light

Jannis

WICKED DISCIPLE – Rules In Debris

Band: Wicked Disciple
Album: Rules In Debris
Spielzeit: 57:02 min (inkl. Bonustracks)
Stilrichtung: Modern Progressive Thrash Heavy Metal (oder so)
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 07.07.2020
Homepage: www.facebook.com/wicked.disciple.de

Prolog: Was man WICKED DISCIPLE direkt zu Anfang erstmal lassen muss, ist, dass sie echt sympathische Leidenschaft an den Tag legen, ihren Promotext als überwältigtes Dankeschön für den bisherigen Support formuliert haben und engagiert undergroundig persönlich ihr Material promoten. Falls das Album scheiße sein sollte, gibt’s dafür auf jeden Fall schonmal ’nen Bonuspunkt.
Hauptteil: Aber gibt’s nicht, denn WICKED DISCIPLE haben mit “Rules In Debris” so eine dieser Untergrundperlen geschaffen, die man halt nur dann findet, wenn sie sich einem über die Talentschmiede vorstellen. Das zweite Album der Truppe aus Bottrop ist eine stark produzierte Mischung aus Heavy, Thrash, Modern, Progressive und Power Metal, dazu noch eine Prise Groove Metal, Hard Rock und Power Metal, die in ihrer Unfähigkeit, sich für ein Genre zu entscheiden, fast schon lächerlich professionell harmonisch ausfällt. Es gibt keinen, wirklich keinen Track, bei dem der Stilmix nicht funktionieren würde (wobei natürlich nicht jedes Subgenre in jedem Song vertreten ist). Arbeit mit unterschiedlichen Taktarten fällt praktisch nicht auf, ist aber vorhanden (was meiner Meinung nach von guter Umsetzung zeugt), die Vocals pendeln zwischen cleanen, sehr reinen Vocals und Shouts und sonstigem unklaren Gesang. Die Gitarren sind bei heftig asozialen Lines genau so überzeugend wie bei ruhigen Akustik-Parts, der Rest der Instrumente fügt sich diesem Wahnsinn und adaptiert ihn.
Und als wäre das nicht genug, kann (ebenfalls ausnahmslos) jeder Track mit besonderem Charakter, kleinen intelligenten und stimmig eingesetzten Akzenten punkten (exemplarisch hier einfach mal der Frauenchor in “When I Die”, das ansonsten verhältnismäßig aggressiv straight und im Chorus ordentlich fett ausfällt; geile Chorus-Melodien ham die Jungs eh drauf). Wenn man sich zwischendurch eine kleine Atempause wünscht, kommt verlässlich ein eher balladiger Track daher, angereichert mit Streicher-Keyboards, der mit Sicherheit nicht kitschig ausfallen wird, oder ein Instrumental oder ein Power-Metal-Track zum Ende.
Titelgebende in Trümmern liegende Regeln sind auf diesem Album in Trümmern liegend, weil sich schlicht nicht an sie gehalten wird. Wenn es geil ist, lass es umsetzten – das scheint das Motto dieses Albums zu sein, das moderne Metal-Töne ebenso wie Thrash mit grandioser Intensität und durchaus auch Emotionen umzusetzen weiß.
Nein, ich wurde nicht von WICKED DISCIPLE bestochen, auch wenn das unglaubwürdig anmuten mag, weil ich außer dem etwas peinlichen deutschen Part auf “Through Cellphone Plane” keine nennenswerte Kritik habe. Bitte vertraut mir.

Fazit:
Und so ist “Rules In Debris” nicht nur ein saustarkes Album dafür, dass es erste das zweite Album einer kleinen Undergroundband ist – es ist ganz einfach ein saustarkes Album. Von vorne bis hinten (auch die Bonustracks) ist das Ding einfach nur hörenswert: roh, durchdacht, unverbraucht, aggressiv, emotional, knüppelnd, balladig, progressiv, fett, dissonant asozial, konsonant schön, gut produziert, top intoniert. Das Geld, das man momentan nicht in Konzerte investieren kann, sollte man zumindest teilweise durch einen Albumkauf in das Fortbestehen von WICKED DISCIPLE investieren.

Anspieltipps:
“Salvation Or Decline”, “Tumbleweed Lullabies”, “When I Die”, “Rollercoaster To Hell” und “…And Jaundiced The King Was Slained”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. …And Jaundiced The King Was Slained
02. Salvation Or Decline
03. Through Cellphone Pane (Pessimist)
04. Bite On My Tongue
05. Tumbleweed Lullabies
06. Rollercoaster Into Hell
07. All Love Steel
08. Never Surrender
09. When I Die (2020)
10. Neither Astronaut Nor Viking
11. Blind Parrot’s Opinion (2020, Bonus Track)
12. Tumbleweed Acoustic Lullabies (Bonus Track)
13. Theia Collides With Planet Earth (Bonus Track)
14. Waiting For Redemption (Bonus Track)

Jannis

NEVERDREAM – Figli Dell’Alba

Band: Neverdream
Album: Figli Dell’Alba
Spielzeit: 67:54 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Elevate Records
Veröffentlichung: 22.05.2020
Homepage: www.facebook.com/neverdreamprog

NEVERDREAM hätten sich auf tragisch-ironische Weise kaum einen besseren Zeitpunkt für den Release ihres fünften Albums “Figli Dell’Alba” aussuchen können – schließlich behandelt die Platte der Progressive-Metal-Band aus Italien die Themen Rassismus und Sklaverei und ist damit nicht nur in Sachen Release-Datum aktuell. Gut, viel bekommt man davon nicht mit, schließlich ist die Platte komplett auf italienisch, aber damit auch in einer Sprache verfasst, die für melodiösen Power/Progressive Metal eine der schönsten ist, die man sich denken kann.
Mit über einer Stunde Spieldauer und 13 Tracks ist das Album dabei schonmal ziemlich üppig ausgefallen. Produktionstechnisch ist man ebenfalls im grünen Bereich. Ein bisschen mehr Tiefen hätten “Figli Dell’Alba” zwar ganz gut getan, aber darüber lässt sich locker hinwegsehen. Schließlich klingt das Resultat echt interessant – mehr oder weniger wie eine Mischung aus Neo Prog Rock und gar nicht mal unhartem Power Metal. Sprich, neben viiiiieeeel Harmonie, vielen feierlichen fetten Refrains, durlastigen Passagen, ruhigen Parts, E-Orgel, Klavier und delikaten Solo-Synthesizern gibt es doch nicht selten auch mal ordentlich voranpreschende Doublebase und für das Genre doch einen sehr harten Gitarrensound. Das macht auf jeden Fall Freude, zumal auch die Vocals mit Talent und Emotion daherkommen. All dies wurde verpackt in einer sehr unaufdringlichen Art von Progressive Metal. Kaum Momente, die einfach nur aufgrund des dringenden Wunsches, seine Kompositions-, Takt- oder Spiel-Skills zu demonstrieren, im Gegenteil eher bewusst simple Parts zwischendurch.
Ohrwürmer gibt es dabei nur wenige auf “Figli Dell’Alba”, dabei funktioniert die Platte während des Hörvorgangs bestens. Alleine schon das fast zwölf Minuten lange “Barnum” überzeugt durch Vielseitigkeit über den kompletten Track hinweg (lediglich mit der Backgroundsängerin werde ich nicht ganz warm, da ihre Aufgabe größtenteils daraus besteht, alleine “Aaaaaaaah”-Parts zu singen), “Pioggi Di Catene” setzt durchgängig auf E-Drums und ist in seiner Unkonventionalität doch ein verdammt starker Track. “Grimorio” und “La Clessidra Nel Vento” lassen mehr Härte zu und sind so böse, wie es Stil und Band eben vertreten können (also nicht allzusehr).
Der einzige seriöse Kritikpunkt, den ich an “Figli Dell’Alba” habe, sind seine zumindest teilweise recht vorhersehbaren (wenngleich sehr schönen) Melodien, die außerordentlich häufig sehr feierlich-emotionalen Charakter haben, aber eben auch immer den selben. Der Anteil an dieser Art von Melodien ist wirklich hoch und sorge bei einem 67-Minuten-Album dafür, dass man doch ab Minute 50 langsam die Nase voll von ihnen hat. Die beste Option zur Vermeidung dessen wäre wohl, nach der ersten Albumhälfte ’ne Hörpause einzulegen und sich zwei Stunden lang mental zu entfeierlichen, aber das ist auch ein wenig schade bei einem Konzeptalbum.

Fazit:
Aber mit anderem Framing wäre (neben den teils vorhersehbaren Melodien) meine Hauptkritik damit, dass das Album zu lang ist. Das lässt sich verschmerzen und abseits dessen haben NEVERDREAM mit der Platte ein wirklich schönes, emotionales und absolut hörenswertes Italo-Prog-Metal-Werk abgeliefert!

Anspieltipps:
“I Figli Dell’Alba”, “Pioggia Di Catene” und “Barnum”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Fuga Da un sogno
02. I Figli Dell’Alba
03. Onde Scure
04. Pioggia Di Catene
05. Il Prezzo Della Libertà
06. Grimorio
07. Versi Di Speranza
08. Barnum
09. Venere
10. Danza Del Fuoco
11. Dentro Una Divisa
12. La Clessidra Nel Vento
13. Il Mare Dei Sogni

Jannis

CALIGULA´S HORSE – Rise Radiant

Band: Caligula’s Horse
Album: Rise Radiant
Spielzeit: 47:45 min
Stilrichtung: Progressive Rock/Metal
Plattenfirma: Inside Out
Veröffentlichung: 22.05.2020
Homepage: www.facebook.com/caligulashorseband/

Die aus Brisbane in Australien stammende Prog Metal Hoffnung CALIGULA´S HORSE hat sich bisher von Album zu Album steigern können und ist dabei eine beachtliche Metamorphose durchlaufen. Album Nummero 5 (das dritte beim Inside/Out Label) hört auf den Namen „Rise Radiant“ und zeigt eine Band, die zwar ihren Platz in der modernen Prog-Metal Szene gefunden hat, die allerdings auch die vor allem mit dem bombigen Vorgänger („In Contact“, 2017) eingefahrenen Lorbeeren zu verwalten hat. Das neue Material ist gewohnt vielschichtig, streckenweise ziemlich hart und erinnert gelegentlich an die Label Kollegen Haken, die in 2 Wochen ja ebenfalls ein heiß erwartetes neues Album vorlegen werden.

Eines gleich vorweg – „Rise Radiant“ braucht einige Durchläufe bis es richtig zündet, auch wenn der geneigte Fan von Bands wie den bereits genanten Haken oder auch Leprous sich relativ schnell zuhause fühlen wird. Aber das Erlebnis bleibt doch anfangs recht gewohnt, es fällt schwer das Individuelle bei vom Fleck weg starken Tracks wie dem Opener „The Tempest“ herauszuschälen. Erschwert wird die Identitätsfindung noch durch die durchweg hochprofessionell fette, moderne, aber eben auch szenekonforme Produktion, die es dem Hörer schwer macht die eigene Note der Jungs zu erhören. Es klingt bei den ersten Kontaktversuchen mit „Rise Radiant“ wie eine der unzähligen ähnlichen Produktionen der letzten Zeit. Mit der Zeit kristallisieren sich dann die kleinen Details heraus, die Songs wie das relativ simpel gehaltene, effektiv eingägige „Valkyrie“ oder das wundervoll abwechslungsreiche „Salt“ zu eigenständigen Erlebnissen im CALIGULA´S HORSE Universum machen. Dennoch bin ich nicht zur Ganze geplättet vom neuen Opus der Truppe. Auch wenn es am Songwriting so gut wie Nichts zu bemängeln gibt, fehlt mir das Aha-Erlebnis, bzw. der nötige Schuss Eigenständigkeit. Wer mit dem Output der Band bisher glücklich gewesen ist, kann aber auch diesmal wieder bedenkenlos zugreifen, denn schlecht ist „Rise Radiant“ sicherlich nicht. Für mein Dafürhalten aber leider ein wenig beliebig.

Wie bei Inside/Out gewohnt, erscheint „Rise Radiant“ in einer Vielzahl von verschiedenen Ausgaben (Ltd. CD Digipak, Gatefold black 2LP+CD, Digital album) – da ist für den interessierten Fan gewiss das Passende dabei. Die beiden Bonustracks, die in der limitierten Edition enthalten sind, lagen zur Besprechung nicht vor. Daher werden diese hier nicht explizit mit in die Waagschale geworfen. Ob die im Promotext angekündigte Welttournee tatsächlich in der geplanten Form im Sommer 2020 stattfinden wird, darf leider bezweifelt werden. Ich wünsche den Jungs aber, dass sie ihre ehrgeizigen Ziele, sobald es die Umstände wieder erlauben, umso konsequenter durchziehen können. Sie hätten es verdient.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Tempest
02. Slow Violence
03. Salt
04. Resonate
05. Oceanrise
06. Valkyrie
07. Autumn
08. The Ascent

Mario

ANCIENT CURSE – The New Prophecy

Band: Ancient Curse
Album: The New Prophecy
Spielzeit: 57:52 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 29.05.2020
Homepage: www.ancientcurse.de

Es ist ja in gewissen Kreisen in Deutschland immer so ein Thema, dass man, wenn man ein “echter Deutscher” sein will, sich auch mit der Kultur des Landes auseinandergesetzt haben und identifizieren muss. Fragt man in diesen Kreisen, was sie von ANCIENT CURSE halten, werden die meisten wohl nichts damit anzufangen wissen und man kann ihre echte Deutschheit direkt vergessen, denn was wäre diese Truppe und ihr neustes Album “The New Prophecy”, wenn nicht ein verdammt geiles Stück in Deutschland geschaffener Kultur? Sagenhafte 22 Jahre liegt das letzte Album der Bremer zurück, jetzt ist ein neues Lebenszeichen am Start und man muss ANCIENT CURSE fast böse sein, dass sie ihr Potenzial, der Welt tolle Musik zu schenken/verkaufen, so lange nicht wahrgenommen haben. Aber gut, “The New Prophecy entschuldigt das allemal.

Drumrum: Starker Sound, stark agierende Band, cooles Cover, ein brutal vielseitiger Sänger, der sowohl nach gefühlvolleren KAMELOT als auch nach recht roh klingen kann und auf Basis all dessen eine bärenstarke Mischung aus Heavy, Progressive, Power und Thrash Metal sowie ANCIENT-CURSE-Individualität.
“We Follow The Signs” knallt einem erstmal heftige Orchestraleskalation vor den Latz, plus lateinische Chöre, plus Basedrummisshandlung, plus geile Backing Vocals, plus heftiger Chorus. Poah, so kann es weitergehen. Jut, Orchester und Chöre werden im weiteren Verlauf doch runtergefahren, aber der Rest bleibt und sorgt dafür, dass sich “The New Prophecy” von einem Highlight zum nächsten hangelt. “Fire And Ice” ist in Teilen ruhig, in Teilen fast thrashig und in Teilen aber sowas von der nächste geile Chorus, “Men Of The Storm” ein Über-neun-Minüter mit feiner Spannungskurve. “Hypnotize” traut sich dann, offen zu thrashen und munter Tempo zu wechseln, und “One Moment“ wärmt den Refrain des ersten Tracks als kleines Gitarrenmotiv auf (sowas liebe ich ja), und wird danach ein Wechselbad verschiedener Gefühle, die man alle bei einem Metalalbum gerne verspürt. “Forever Young” wird vom trockenen Geknatter zum hymnischen Sommerhit (also irgendwie), “Mind Chaos” ist die Halbballade, die man guten Gewissens auf “The New Prophecy” packen kann, zunehmend fett und feierlich. Und “Prophecy” hat das Glück, eine der perfekten Endtrack-Melodien für den Chorus gefunden zu haben und trotz gar nicht mal so richtigem Bombast Gänsehaut zu aktivieren.
“The New Prophecy” ist bei alldem kein Musikstudenten-Prog-Metal, es ist einfach ein tiefgründiges Album, das so komplex ist, wie es eben sein sollte.

Fazit:
Und bei alldem immer mit klarer Heavy- und Power- sowie leichter Thrash-Attitüde zugange. Zusammengefasst: Wem Power-Metal-Melodien über ein ganzes Album doch zu viel sind, der wird mit “The New Prophecy” genau die richtige Dosis an wirklich tollen Power-Metal-Refrains bekommen, serviert zusammen mit einer guten Portion Härte, viel Kreativität und Professionalität. Was soll man sagen? Das ist ein Album, wie es sein sollte. Willkommen zurück, Jungs, bleibt gerne noch ein paar Jahre!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. We Follow The Signs
02. Fire And Ice
03. The Shadow
04. Men Of The Storm
05. Hypnotize
06. One Moment Of Fortune
07. Forever Young
08. Mind Chaos
09. Prophecy

Jannis

ALOGIA – Semendria

Band: ALOGIA (mit zwei großen As)
Album: Semendria
Spielzeit: 33:32 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Elevate Records
Veröffentlichung: 15.04.2020
Homepage: www.facebook.com/alogia.official

Vor vielen Jahren, als ich noch ein kleiner Rezensent war, war meine Mutter besorgt, dass diese ganze düstere Musik, in die ich mich in der Zeit reinhörte, mit ihren düsteren Texten doch echt negativ auf mich wirken müsse. ALOGIA sind ein weiterer Beweis dafür, dass ihre Sorgen unbegründet waren und ich bitte jeden, den das Album runterzieht, mich darüber zu informieren. Doch um wen geht es hier? Nun, um ein serbisches Sextett, das seit 2002 mehr oder weniger regelmäßig releast und eine der weiteren Hausnummern zu sein scheint, die bislang an mir vorbeigegangen sind. Dafür sind jedenfalls die Gastsänger Mark Boals (Ex-YNGWIE), Tim “Ripper” Owens (ICED EARTH und so) und FABIO LIONE (RHAPSODY OF FIRE) klare Anzeichen, Auftritte mit Orchester ebenso.
Weiteres Kaufargument: Die schön warme, organische Produktion. Kleiner Dämpfer: Keine 35 Minuten Spieldauer. Päh.
Aber gut, dafür wird über die Länge des Albums auch einiges an Qualität geliefert, von einer auf den Punkt spielenden Band mit durchgängig mehr als überzeugenden Vocals, seien sie von den Gästen oder von Haussänger Nikola Mijic (EDEN’S CURSE). Und schon der Einstieg ist amtlich. Während andere Bands als Intro ein bombastisches 08/15-Trailerorchester-Intro raushauen würden, das mit dem Rest des Albums nichts zu tun hat, geht es auf “Semendria” direkt los, mit den flötig-drucklos-niedlichsten Fanfarenklängen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. Nein im Ernst, das ist ein Kompliment, denn der Rest der Band zieht fröhlich-unbedarft nach, nicht besonders heavy aber mit herrlichem Gesamtsound. Diese positive Grundstimmung zieht sich insbesondere durch die erste Albumhälfte, untermalt von einigen echt eingespielten Folkinstrumenten und sympathisch-billigen Keyboards, die aber in ihrer Unzeitgemäßheit bestens funktionieren. Traut sich leider kaum noch eine Band, aber das Next-Level-Streben brauchen ALOGIA auch einfach nicht. Kleinere progressive Elemente gibt es auch, die sich mal in kleinen Taktausreißern, mal in interessanten Klavierparts, mal in östlich anmutender Harmonik äußern (An dieser Stelle sei der instrumentale Endtrack “From East To West” erwähnt, der die titelgebende Wandlung mit viel Liebe in knapp drei Minuten vollzieht). Und das Songwriting-Niveau ist durchaus hochwertig, auf jeden Fall einiges über dem Durchschnitt. Okay, die obligatorische Ode an Metal und Metalgemeinde (“Raise Your Fist (For Metal Only)”) darf noch etwas simpler ausfallen und hammerhart komplex sind die Tracks allesamt nicht, aber die Kompositionen wirken echt kreativ, ohne dabei das gewählte Grundgenre verlassen zu müssen, gleichzeitig vertraut und interessant.

Fazit:
Doch, “Semendria” ist Wohlfühlmetal im besten Sinne: Authentisch, mit Hand und Herz gemacht, erfrischend komponiert, und das Keyboard wird noch wie ein Instrument behandelt. Wer gerne nochmal ein bisschen früheres DREAMALE- oder POWER-QUEST-Feeling mit subtilen Folk-Nuancen hätte, kann sein Geld bedenkenlos in diese Platte investieren. Und wer 90er/2000er Power Metal etwas abgewinnen kann, ebenso!

Anspieltipps:
“Semendria”, “Eternal Fight” und “From East To West”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Semendria
02. Eternal Fight
03. Raise Your Fist (For Metal Unity)
04. Like A Fire
05. Can’t Bring You Down
06. The Calling
07. Visantia
08. Beyond Belief
09. From East To West

Jannis

ASGARD – Ragnarøkkr

Band: Asgard
Album: Ragnarøkkr
Spielzeit: 63:23 min
Stilrichtung: Progressive Folk Metal
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 15.05.2020
Homepage: www.facebook.com/AsgardFolkProgMetal

Inzwischen habe ich so viele Rezensionen mit der Aussage “Eigentlich mag ich ja keinen Folk Metal” begonnen und das Album im Anschluss dann trotzdem gefeiert, dass ich mich fragen muss, ob ich vielleicht einfach meinen Geschmack verleugne. Nach schlaflosen Nächten der Selbstfindung, Reflektion und Meditation kann ich nun sagen: Jap, ich mag tatsächlich keinen klassischen Folk Metal, aber wenn man ihm weitere Eigenschaften hinzufügt, geht’s. Somit geht auch ASGARDs “Ragnarøkkr”, italienischer Progressive Folk Metal. Jetzt weiß ich auch, dass dieses Genre existiert, hätte es mir aber vor dem Hören der sechsten Platte von ASGARD (die 20 Jahre nach ihrem Vorgänger erscheint) massivst anders vorgestellt.
Wir haken die Probleme schnell am Anfang ab. Erstens: Track acht bis zehn sind auf deutsch und im Vergleich zum Rest noch etwas folkiger. Ich bin gewillt, dafür Punkte abzuziehen, weil italienisch verdammt nochmal eine der schönsten Sprachen für melodischen Metal ist und deutschsprachiger Folk Metal in meinen Augen sehr grausam. Aber das ist Geschmackssache und es soll ja Leute geben, die sowas mögen. Zweitens, auch hinsichtlich der Texte: Die fallen insgesamt immer mal wieder als eher ungelenk auf, wurden an einigen Stellen etwas zu erbarmungslos in Melodien gepresst und hätten insgesamt etwas mehr sprachliche Schönheit vertragen. Kritik Ende, über die drei Tracks spreche ich jetzt nicht mehr.
Tatsächlich ist der Progressive Folk Metal von ASGARD in folkiger Hinsicht doch erfreulich wenig Geigen- und Flöten-Gedudel mit komischem “Edle Ritter und holde Maid”-Spirit, dafür etwas mythisch-schamanisch-heidnischer. Eher WARDRUNA als VERSENGOLD, sagen wir es so. Das wird aber kombiniert mit einer Prog-Seite, die schwer in Richtung von 70er-Prog-Rock-Legenden wie EMERSON LAKE & PALMER oder auch in 90er-Neo-Prog-Richtung der Marke MARILLION und IQ tendiert – wobei man halt auch sagen muss, dass fröhlich vor sich hin fließende Folkmelodien von fröhlichen Gitarrenmelodien der 90er-Fraktion gar nicht so weit weg sind. Ein bisschen modernere Prog-Auswüchse gibt es natürlich ebenso.
Diese Mischung funktioniert fantastisch, auch dank der guten Produktion und der stabilen Bandleistung. Gerne werden einzelne Parts von Songs auch mal als purer Prog oder purer Folk gewandet, was für angenehme Kontraste sorgt, und ansonsten alles mal getestet, was man mit diesen beiden Stilen so anstellen kann. Dann wird aus einem unkonventionellen Synth-Solo auch mal ein Doppelsolo mit hinzukommendem Dudelsack. Und ganz im Ernst, die Tracks in ihrer Gesamtheit sind größtenteils einfach nur geil: stimmungsvoll, vielseitig, mit toll komponierten Melodien. “The Night Of The Wild-Boar” ist ein totaler Hit, der sich Zeit für den Aufbau nimmt und dann geradezu explodiert in einen grandiosen Gänsehaut-Chorus, “Shaman” und “Ragnarøkkr” zwei überlange Tracks ohne ein Quäntchen Leerlauf, und der Rest (ausgenommen natürlich 8 bis 10) halten das Niveau easy.

Fazit.
Also im Ernst: Ich wusste nicht, dass solche Musik existiert (und ich glaube, Ihr wusstet es auch nicht). Doch sie tut nicht nur das, sie klingt in ihrem seltsamen Stilmix wie aus einem Guss, mit Skill und Hingabe geschrieben, ohne selbst auferlegte Grenzen und unterhaltsam wie mitnehmend. “Ragnarøkkr” sollte man auch dann eine Chance geben, wenn man keinen Folk oder keinen Prog Metal mag. Und am besten sollte man es als gesamtes Werk hören, bei Abneigung gegen deutschen Folk Rock halt ohne 8 bis 10 (Sind dann immer noch 52 Minuten). Spätestens beim dritten Track will man die Scheibe nicht mehr aus der Hand geben. Tolle Leistung, so geht innovativer und mitreißender Metal im Jahr 2020!

Anspieltipps:
Track 1-7 und Track 11. Insbesondere “The Night Of The Wild Boar”, “Visions” und “Shaman”

WERTUNG:

(unter Auslassung von Track 8 bis 10)

 

Trackliste:

01. Trance-Preparation
02. Rituals
03. The Night Of The Wild-Boar
04. Visions
05. Kali-Yuga
06. Shaman
07. Battle
08. Der Tod
09. Danse Macabre
10. Anrufung
11. Ragnarøkkr

Jannis

COURSE OF FATE – Mindweaver

Band: Course Of Fate
Album: Mindweaver
Spielzeit: 44:24 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: ROAR! Rock Of Angels Records
Veröffentlichung: 15.05.2020
Homepage: www.facebook.com/courseoffate

Ohne Spaß, Freunde, wie frustrierend kann eine Zeit eigentlich sein? Draußen ist schönes Wetter und derweil sitzt man nun die vierte Woche auf dem Homeoffice-Sofa und verfolgt mit, wie Konzerte und Festivals abgesagt werden (jap, diese Rezension wurde am Tag der Absagen verfasst) und muss so langsam realisieren, dass das der langweiligste und beschissenste Sommer aller Zeiten wird.
Das schreit nach Ablenkung auf höchstem Level. Und dann kommt “Mindweaver” von COURSE OF FATE und eine Dreiviertelstunde rückt der ganze Mist in den Hintergrund. COURSE OF FATE sind eine norwegische Progressive-Metal-Band, hat drei Demos und eine EP draußen und wagt nun endlich den Schritt eines richtigen vollwertigen Albums. Das ist als Konzeptalbum gestaltet, mit zwei kurzen Tracks (das unmittelbar Stimmung erzeugende Intro und das ruhige “The Walls Are Closing In”) und sechs Stück zwischen fünf und neuneinhalb Minuten. Textlich geht es um den Aufstieg und Fall eines Sektenführers mit düsteren Visionen. Soundtechnisch geht es um fette Produktion, hervorragend intonierte und produzierte Vocals und beeindruckendes Spiel der Instrumentalfraktion, die durchweg amtlich Erfahrung mitbringt. Und dass auf diesem Debutalbum Profis am Werk sind, kann anhand der Tracks auf “Mindweaver” nicht geleugnet werden.
Die Platte ist Konzeptalbum im Sinne von QUEENSRYCHEs “Operation Mindcrime”, ähnlich ernsthaft, dabei musikalisch jedoch im etwas moderneren Progressive Metal zu verorten. Dementsprechend gibt es einiges an Synths, seien es orchestrale, exquisit ausgewählte Solosynthesizer oder man ’nen frechen Arpeggiator, beispielsweise beim drastisch mächtigen “Endgame”; nie zu penetrant jedoch, stets konstruktiv eingesetzt und nur dann wenn nötig. Ruhige Parts gibt es verhältnismäßig viele (“Utopia” und “Drifting Away” gehen noch am ehesten als Balladen durch, entwickeln in ihren Verläufen aber noch anständig Wucht), fette, auslandend-vereinnahmende Parts ebenso. Das Verhältnis gefällt, ebenso die Kompositionen. “Mindweaver”s Qualitätslevel der Melodien ist hoch, jeder Track besticht durch schöne Melodiewendungen, pompöse Refrains, intelligente Arrangements und ein Maß an Komplexität, das das Album spannend, jedoch nie zu technisch gestaltet. Und in ihrer Gesamtheit sind die Songs von “Mindweaver” erfreulicherweise tatsächlich ein wunderbar homogenes Werk, das in einem Stück durchgehört verdammt intensiv ausfällt und an keiner Stelle langweilt.

Fazit:
Was in so einer Zeit halt echt gut tut. Insofern: Wer Bock hat auf ein kleines Progressive-Metal-Opus, das mit Herz und Talent geschaffen wurde und einen für eine Dreiviertelstunde aus der öden Coronawelt in die ungleich schönere Endzeitsektenwelt zu transportieren vermag, der sollte sich die Zeit für “Mindweaver” nehmen. Heftige erste Albumansage von einer Band, von der man in Zukunft hoffentlich noch einiges mehr hören darf!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. There Is Someone Watching
02. The Faceless Men Pt. 1
03. Endgame
04. Utopia
05. The Walls Are Closing In
06. Wolves
07. Drifting Away
08. The Faceless Men Pt. 2

Jannis

NOVENA – Eleventh Hour

Band: Novena
Album: Eleventh Hour
Spielzeit: 73:03 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Frontiers Music s.r.l.
Veröffentlichung: 06.03.2020
Homepage: www.novenaband.uk

Da viele von uns ja momentan eh nicht viel zu tun haben und ihren Alltag gewissenhaft auf dem Sofa zuhause verbringen, kann man ja eigentlich auch mal ein längeres Album auf die Playlist setzen. NOVENA’s “Elevent Hour” zum Beispiel? Das wäre mit seinen zehn Songs (drei davon über zehn Minuten) und knapp 75 Minuten Spieldauer schonmal ein geeigneter Kandidat, insbesondere, da neben Ross Jennings, dem Sänger der Prog-Instanz von HAKEN, auch der Rest des LineUps sein Handwerk im Schlaf beherrscht. Produktion passt auch, so weit, so stabil.
Musikalisch zeigt sich bereits ab Track 2 (Track 1 ist ein viel zu leises Intro, in dem Grillen zirpen und jemand geht), dass HAKEN-Fans bei “Eleventh Hour” viele der Trademarks der Band wiederfinden werden, nicht zuletzt den fetten mehrstimmigen A-Capella-Chor am Track-Anfang. Zu den Tracks im einzelnen lässt sich jedoch erstaunlicherweise wenig sagen. Jut, “Sun Dance” ist treibend, straight und sehr angenehm, mit cleanem Gitarren-Strumming und schön-melancholischer Atmosphäre. “Sail Away” ist fast komplett sehr ruhig, “Corazón” hat ein Flamenco-Intermezzo inklusive passender Gastsängerin und “Indestructible” hat ein schönes Klaviermotiv (Klavier ist eh recht dominant vertreten auf der Platte, wenn auch nicht SAVATAGE-dominant) und gibt sich gut gelaunt mit bösem Mittelteil.
Ansonsten pendeln die Songs zwischen oft vergleichsweise ruhigen Strophen, ganz ruhigen Parts und aggressiveren dissonanten Passagen hin und her, wobei bei letzteren verstärkt auf Growling gesetzt wird – im Rahmen aber, 95% des Gesangs sollten schätzungsweise clean sein. Dabei muss man den Jungs lassen: Sie können das alles perfekt und die Kompositionen sind wirklich sehr schön, sehr smart und sehr kreativ. Das Ding ist soweit ein einwandfreies Prog-Metal-Album mit häufig positiver Grundstimmung, das für Abendstunden alleine im gemütlichen Wohnzimmer bestens geeignet ist.
Hier der Nachtrag für die HAKEN-Fans, die dank Ross diesem Album wohl verstärkt Aufmerksamkeit widmen werden: Kompositorisch kann man an sich zwar nicht meckern, doch wer ein Gesamtkunstwerk der Marke “Aquarius” oder “The Mountain” erwartet, das eine hammerharte Gesamtatmosphäre erzeugt, zum Träumen einlädt und zum Teil absolute Ohrwurmmelodien an den Tag legt, der wird ein Stück ernüchtert sein. Ein Gesamtkonzept existiert zwar, getragen aber durch einige Spoken-Word-Monologe innerhalb einzelner Songs, aber eigenständiger als die Tracks besagter HAKEN-Alben sind sie allemal. Das sollte Freunde der Band keinesfalls vom Reinhören abhalten (nochmal: Die Trademarks sind da und bestens umgesetzt mit Schöner-Part-Dauerfeuer), aber vielleicht ein wenig die Erwartungen senken, die man nach dem Reinhören in einzelne Tracks an das Album als Gesamtes entwickeln könnte.

Fazit:
Ja, ich weiß, wie oft jetzt schon der HALEN-Vergleich fiel, aber er bietet sich halt auch echt an. Auf jeden Fall ist NOVENAs Debutalbum weit mehr als nur ein okayer Wartezeitvertreib bis zum nächsten Album von Ross‘ Hauptband. Und für Fans von technisch wie melodisch und kompositorisch starkem Progressive Metal sowieso absolut empfohlen.

WERTUNG:

für HAKEN-Fans,

 

für Prog-Metal-Fans generell.

 

Trackliste:

01. 22:58
02. 22:59
03. Sun Dance
04. Disconnected
05. Sail Away
06. Lucidity
07. Corazón
08. Indestructible
09. The Tyrant
10. Prison Walls

Jannis