RAGE – Afterlifelines

Trackliste:

CD 1
01. In The Beginning
02. End Of Illusions
03. Under A Black Crown
04. Afterlife
05. Dead Man’s Eyes
06. Mortal
07. Toxic Waves
08. Waterwar
09. Justice Will be Mine
10. Shadow World
11. Life Among The Ruins

CD 2
01. Cold Desire
02. Root Of Our Evil
03. Curse The Night
04. One World
05. It’s All Too Much
06. Dying To Live
07. The Flood
08. Lifelines
09. Interlude
10. In The End

Spielzeit: 88:45 min (41:17 min/47:36 min) – Genre: Heavy/Power Metal – Label: STEAMHAMMER / SPV – VÖ: 29.03.2024 – Page: www.facebook.com/RageOfficialBand

 

Ach RAGE… Mein zweites Metalkonzert überhaupt und seitdem immer Fan. Gut, die Truppe ist trotz fluider Besetzung auch eine sichere Bank und unter ein gewisses immer noch stabiles Mindestniveau fällt keines ihrer Alben. Manches liegt aber eben auch weit darüber.
Wie isset denn dieses Mal? Nun, „Afterlifelines“ ist auf jeden Fall ambitioniert. Drei Jahre nach dem Vorgänger „Resurrection Day“ und damit genau im normalen Rhythmus der Nordrhein-Westfalen erschienen, aber locker mal 90 Minuten lang und in zwei Alben, „Afterlife“ und „Lifelines“ unterteilt. Man muss ja das 40jährige auch angemessen feiern.
Produziert im eigenen Studio und auf „Lifelines“ von Marco Grasshoff mit ordentlich Orchester angereichert. Jap, darin liegt der Unterschied zwischen beiden Teilalben.
RAGE mit Orchester = geil. RAGE ohne Orchester = geil. So weit, so gut. Fragt sich nur, wie gut es funktioniert hat, in der normalen Zeit für ein Album gleich zwei zu komponieren, einzuspielen und produzieren, inklusive Orchester-Arrangements und Produktion aus eigener Hand. Und hier kommen wir zum kleinen Downer der Rezension: „Afterlifelines“ ist dann doch eher eines der RAGE-Alben auf dem gewissen Mindestniveau. Die Songs auf „Afterlife“ bieten eine schöne Mischung aus stabiler Aggression und eingängigeren Melodien, wie man es von dem Trio heutzutage erwartet. Ein paar Ohrwürmer sind dabei, ein paar kleine corige Breakdowns (ohne dass man RAGE jetzt irgendwie in der „Modern“-Ecke verorten müsste), aber soweit eben bekannte Zutaten, die man so in gefühlt auch was besser produziert schonmal in stärker von der Band erwartet hat.
„Lifelines“ ist gerade über seine erste Hälfte hinweg ähnlich hart und es stellt sich die Frage, was gerade diese Songs für die Orchesterhälfte des Outputs qualifiziert hat, denn ohne hätten sie wohl ebenso funktioniert. Dazu klingt das Orchester, gerade die Streicher in den nicht seltenen schnelleren Parts, eindeutig digital, und wenn man dann an die fantastische „Suite Lingua Mortis“ von „Speak Of The Dead“ oder auf „Empty Hollow“ von „21“ denkt (oder eben an „Lingua Mortis“), kann „Lifelines“ da klanglich einfach nicht mithalten. Hinsichtlich der Orchestral-Arrangements auch nicht, die oft etwas platt wirken, während man von RAGE schon einiges an wirklich smarten Orchester-Arrangements hören durfte. Das mag passieren, wenn sich ein externer Musiker damit befasst und einen bestimmten Stil damit natürlich nicht verinnerlicht hat (keine Front gegen Marco also), macht sich aber eben bemerkbar.
Wenn „Lifelines“ in seiner zweiten Hälfte dann auch mal ruhigere Töne anschlägt, den Zehn-Minuten-Song raushaut oder ein schön nostalgisch aufgeladenes Instrumental, steigt die Freude beim langjährigen Fan dann doch noch um einiges an. Und auch beim ein oder anderen Song auf „Afterlife“ wie „Mortal“ mit seinem bösen Mitnick-Rhythmus und dem eingängigen BummZapp-Chorus (Der Musikwissenschaftler hat gesprochen) oder dem allseits gelungenen „Waterwar“ gibt’s gut was zu feiern.

Fazit:
Denn wie gesagt, ein schlechtes Album von RAGE werden wir nicht mehr erleben. „Afterlifelines“ ist eines der schwächeren der letzten Jahre, was an der schieren Menge an Arbeit liegen mag, die man sich mit ihm gemacht hat. Vielleicht wäre das von RAGE bekannte „Ein Album in zwei 25-Minuten-Parts geteilt“-Konzept entlastend gewesen und hätte den Hörer vor zwischenzeitlichen Lückenfüllungen bewahrt. All das sollte Fans der Band jedoch nicht davon abhalten, das Ding auszuchecken. Als Einstiegswerk sei es aber weniger empfohlen.

Anspieltipps:
„End Of Illusions“, „Mortal“ und „Waterwar“ // „Dying To Live“ und darauf Folgende

Jannis

VICTOR SMOLSKI – Guitar Force

Trackliste:

01. Guitar Force
02. Bought And Sold (Instrumental Version)
03. World Of Inspiration
04. Darkness
05. Self-Blinded Eyes (Instrumental Version)
06. Satisfied (Instrumental Version)
07. Chapter 3 (Concert For Violin & Oboe With Orchestra)
08. Bourree (Suite 2)
09. Menuet (Suite 2)
10. Unity

 

Spielzeit: 58:36 min – Genre: Progressive Metal (am ehesten) – Label: Massacre Records – VÖ: 03.02.2023 – Page: www.facebook.com/victorsmolskiofficial

 

Muss man hier noch irgendwem erklären, wer Victor Smolski ist? Vermutlich nicht. Wer den guten Mann nicht von RAGE oder ALMANAC kennt, der sollte doch zumindest vage darüber informiert sein, dass Victor ganz gut Gitarre spielen kann. Oder anders, dass er ein totaler Gott an der Gitarre ist. Außerdem ist er Rennfahrer, aber das nur so nebenbei. Victor hat außerdem ein hervorragendes Gespür für gute Kompositionen, dazu Kontakt zu einigen Orchestern und vielen Musikern, Audio-Produktionstalent und einige andere Instrumental-Skills.
Man führe all das zusammen – außer eben die Rennfahrer-Sache – und erhält mit ziemlicher Sicherheit gute Musik. Willkommen bei „Guitar Force“, einem sehr feuchten Traum für jeden Freund virtuosen Gitarrenspiels. Um das kurz einzuordnen: Drei der Songs auf der Platte werden ALMANAC-Fans bereits bekannt sein. Sie sind für „Guitar Force“ instrumental uminterpretiert worden und funktionieren in dieser Interpretation blendend. Einen Song, „Unity“, wird der interessierte RAGE-Fan bereits vom gleichnamigen Album der Band kennen und lieben (und einen kleinen Moment der Freude verspüren, wenn er merkt, dass der Bass nach RAGEs Trennung von Victor wieder von Peavy Wagner gespielt wird). Und Smolski-Ultras finden auf dem Album drei Songs vom „Majesty & Passion“-Album, Neuinterpretationen von Werken von Johann Sebastian Bach und ebenfalls sehr stark. Dazu gibt es zwei (wenn man den Ein-Minüter „Darkness“ dazurechnet, drei) neue Songs, die insgesamt aber auch locker auf knapp 27 Minuten Spieldauer kommen und in ihrer Qualität kein bisschen hinter dem Rest zurückbleiben.
So. Zu alldem kommt ein guter Sound. Man muss bei Soloalben von Gitarristen im schlimmsten Fall davon ausgehen, dass sie halt normale Songs komponieren und dann die Vocals durch Gitarre ersetzen. Das muss man bei Victor nicht. Der gute Herr komponiert seine Songs perfekt durch, hat einen sehr coolen individuellen Stil, bringt härtere technische Parts und melodiösere in ein top funktionierendes Wechselspiel, setzt das Orchester gewinnbringend ein und holt aus der Gitarre wirklich alles raus, was geht. „Guitar Force“ ist eines der Alben, denen man einfach vertrauen kann, dass sie alles richtig machen, dass der nächste Part auch geil wird und den aktuellen sinnvoll ablösen wird, und ist auf komische Weise ein hervorragendes progressives Lounge-Music-Album für Metaller.
Klar, der Kritikpunkt liegt auf der Hand. Über die Hälfte des Albums besteht aus irgendwie bereits bekanntem Material und bei „Unity“ und den Bach-Interpretationen ist bis auf die zeitgemäße Produktion nicht wirklich viel anders als bei den Originalen; ich kann wirklich nicht genau sagen, ob hier wirklich großartig Sachen neu aufgenommen oder nur neu produziert wurden.

Fazit:
Aber auch für Kenner von Smolskis verschiedenen Projekten gibt es im Mindesten (gerade bei den Bach-Stücken) verbesserte Produktion, eine knappe halbe Stunde geiles neues Material und coole ALMANAC-Versionen. Für alle, denen Victor bislang nicht auffiel, gibt es edel komponierte, charakterstarke Gitarren-Virtuosität, der man auch dann mal eine Chance geben sollte, wenn man instrumentalen Metal sonst eher meidet. Ist halt einfach krass gut.

Anspieltipps:
„Guitar Force“ und „World of Inspiration“, dazu „Chapter 3 (Concert For Violin & Oboe With Orchestra“

Jannis

RAGE – Resurrection Day

Band: Rage
Album: Resurrection Day
Spielzeit: 50:11 min
Stilrichtung: Heavy/Power Metal
Plattenfirma: Steamhammer/SPV
Veröffentlichung: 17.09.2021
Homepage: www.facebook.com/RageOfficialBand

RAGE – in Sachen englischer R-Aussprache das absolute Gegenteil von GRAVE DIGGER, Institution im deutschen Heavy und Power Metal und mit der Peavy-Konstante durchgängig auf starkem Niveau unterwegs. Wandlungsfähig, mal sehr orchestral-schön, mal thrashig unbarmherzig und aus unnachvollziehbaren Gründen keine der Bands, die normal an ersten Stellen erwähnt werden, wenn es um die deutsche Metal-Speerspitze geht, obwohl es absolut verdient wäre.
Wie gewohnt sind keine zwei Jahre vergangen seit dem letzten Album “Wings Of Rage”, aber verändert hat sich einiges, nämlich das halbe Lineup. Mit Stefan Weber und Jean Bormann hat man nun wieder zwei Gitarristen, die, so viel sei bereits gesagt, dem RAGE-Sound echt gut tun. Das dürfen sie auf “Resurrection Day“ unter Beweis stellen, dessen Coverartwork Metal as Fuck ist und damit Peavys Optik im Video zu “Virginity” repräsentiert.
Aber genug der Äußerlichkeiten. Sound, Spiel, Gesang: top, nix zu bemängeln. Widmen wir uns also gleich der Musik an sich. Los geht es mit dem Intro “Memento Vitae”, oder, wie elaborierte Musiker mit Orchesterbeiwerk sagen: “Overture”. Können RAGE guten Gewissens tun, schließlich beherrschen die Jungs auch orchestrale Arrangements außerordentlich gut und wissen den Klang symphonischer Instrumente in Metal zu integrieren, wie kaum eine andere Band, dabei den individuellen Merkmalen der einzelnen Orchesterinstrumente aber auch wirklich ihre Geltung zukommen zu lassen. Wo war ich? Richtig. Intro vorbei, “Resurrection Day” beginnt und… greift erstmal das Intro wieder auf. Geil! Ein kleines musikalisches Gesamtkonzept. Könnten sich andere Bands mal eine Scheibe von abschneiden. Dann bricht die Band los, es wird sehr sehr Metal, nicht stumpf, gut heavy, smart ausgearbeitet und im Chorus wieder dezent mit Orchester gearbeitet, ohne den Gesamtsound damit zu enteiern.
Und Freunde, seien wir ehrlich, das Ganze funktioniert so gut wie lange nicht mehr. Die Refrains gehen verstärkt Richtung Power-Metal-Melodien in 100% unkitschig, Orchestersounds sind wirklich genau dann eingesetzt, wenn sie sinnvoll sind und was dabei ebenfalls in voller Breite dabei ist, ist metallische aggressive Härte. Ich kann nur für mich sprechen, aber die harten, gemeinen Parts kommen genau dann, wenn ich sie brauche, die schönen powerigen ebenfalls, die ruhigen gleichermaßen – und alle zünden. Der einzige Störfaktor ist, dass sich “Virginity” nur dann auf “Fear” reimt (und “Fear” ist wichtig, bestätigen neun von zehn RAGE-Fans), wenn man es als “Virginitier” ausspricht. Und dann klingt’s halt ein bisschen dumm. Doch abgesehen davon hat “Resurrection Day” einfach keinen Moment der Schwäche, das Songwriting-Niveau ist frisch wie lange nicht mehr, der Groove verdient stellenweise eine Nackenbelastungs-Vorwarnung und stellenweise überrascht die Platte einfach dadurch, dass man trotz der 70.000 starken Alben der Band nicht mit so einem Niveau gerechnet hätte.

Fazit:
Da ist wohl jemand ein zweites Mal der Cradle entsprungen. Und bei dem Niveau von “Resurrection Day” ist der Weg ins Grave noch ein verdammt weiter. 10/10 gebe ich nicht häufig, aber mit dem Ding haben RAGE die Höchstwertung ohne jeden Zweifel verdient.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Memento Vitae (Overture)
02. Resurrection Day
03. Virginity
04. A New Land
05. Arrogance And Ignorance
06. Man In Chains
07. The Age Of Reason
08. Monetary Gods
09. Mind Control
10. Traveling Through Time
11. Black Room
12. Extinction Overkill

Jannis

RAGE – Wings Of Rage

Band: Rage
Album: Wings Of Rage
Spielzeit: 54:11 min.
Stilrichtung: Heavy/Power Metal
Plattenfirma: Steamhammer
Veröffentlichung: 10.01.2020
Homepage: www.rage-official.com

Man muss es am Anfang jeder RAGE-Rezension immer wieder erwähnen: Die Truppe hat in 36 Jahren 24 Alben rausgebracht, mit einer sehr hohen Durchschnittsqualität. Das ist eine Leistung. Tatsächlich war somit die Wartezeit auf das aktuelle Album “Wings Of Rage” im Vergleich echt lang (das Vorgängeralbum erschien 2017, ein Jahr nach dessen Vorgängeralbum und über zwei Jahre vor “Wings”), was jedoch auch an Peavys Zweitprojekt REFUGE gelegen haben mag, das in der Zeit wieder ins Leben gerufen wurde.
Einen nicht geringen Teil der Infos zum neuen Album kann man sich als RAGE-Kenner eigentlich schon denken. Die Produktion ist kraftvoll, heavy und sauber mit zeitweise etwas lautem Gesang), die Skills der Band sind hervorragend und Peavys Stimme hat seit den letzten Alben nicht an Qualität nachgelassen. Dazu ein überaus geiles Cover und 54 Minuten Laufzeit, so weit, so vielversprechend!
Auch musikalisch hält “Wings Of Rage” einiges an Unterhaltung bereit, schließlich sind RAGE eine der Bands, die auch 36 Jahre nach ihrer Gründung noch kleine Veränderungen wagen, ohne selbstverständlich am Trademark-Sound zu viel zu ändern. Und dieses Mal lässt man die Bandgeschichte ein wenig Revue passieren, wie es scheint; explizit mit “HTTS 2.0”, einer aktuellen Version des Bandhits “Higher Than The Sky”, bei der die Instrumentalkomposition verändert und der Härtegrad nach oben geschraubt wurde. Ist auf jeden Fall nicht nur stumpf neu eingespielt, gibt deftig auf die Zwölf und hat auf jeden Fall seine Existenzberechtigung.
Die hat zweifelsohne auch “A Nameless Grave”, ein wunderbarer Nostalgietrip in die orchestrale Phase der Band, insbesondere zu XIII, bei der das Symphonieorchester (vermutlich aus der Dose, aber sehr gut klingend) auf einen langsamen und schön düsteren Track trifft, mit entspanntem Mittelteil und echt intensiv. Intensiv grausam fällt der Text der Ballade “Shine A Light” aus, während bei “Chasing The Twilight Zone” mit seinem “Soundchaser”-Gedenkriff und dem streckenweise an “Death Is On It’s Way” aber auch an “Immortal Sin” erinnernden “Blame It On The Truth” die guten alten “Soundchaser”-Zeiten noch einmal gefeiert werden dürfen.
“Let Them Rest In Peace” hat was von der “Speak Of The Dead”-Platte und pendelt zwischen hart/gemein und interessant/melodiös hin und her, und “Don’t Let Me Down” überzeugt mit starkem Chorus und Pre-Chorus und natürlich guter Dosis Härte.
Ein paar Tracks wollen nicht so richtig zünden (neben “Shine A Light” auch “For Those Who Wish To Die” und “Tomorrow”, das zugegebenermaßen aber ein ziemlicher Ohrwurm ist), da kommt dann doch die Routine ein wenig zu sehr durch, aber…

Fazit:
… letztendlich ist “Wings Of Rage” ein wunderbares Album für alle Fans, die nicht nur eine bestimmte Epoche der Band mögen und sich somit diese kleine Zeitreise nicht entgehen lassen sollten. Und jeder da draußen, an dem die Band bislang tatsächlich vorbeigegangen sein sollte, muss da eh mal ein Ohr reinhängen lassen!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. True
02. Let Them Rest In Peace
03. Chasing The Twilight Zone
04. Tomorrow
05. Wings Of Rage
06. A Nameless Grave
07. Don’t Let Me Down
08.Shine A Light
09. HTTS 2.0
10. Blame It On The Truth
11. For Those Who Wish To Die

Jannis