SUNRISE – Equilibria

Band: Sunrise
Album: Equilibria
Spielzeit: 64:49 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 25.05.2021
Homepage: www.facebook.com/sunrisekiev

Oft gestaltet sich ein Blick über den Tellerrand als kluge Zeit-Investition, auch hinsichtlich des Findens neuer guter Metalbands. Der Tellerrand definiert sich in dem Fall durch die klassischen Grenzen der Metallandkarte, hinter denen man Länder findet, die für ihre Harte-Musik-Kultur nicht wirklich bekannt sind, aber eigentlich so einige Schmankerl zu bieten haben. Die Ukraine ist eines dieser Länder und SUNRISE sind eines dieser Schmankerl (Das Wort klingt schon beim zweiten Benutzen grausam, das war das letzte Mal, versprochen). Seit 2003 existiert die Band bereits, hat es auf insgesamt drei Alben, eine Live-DVD und mehrere Singles/EPs gebracht, allerdings zu kaum Bekanntheit und Präsenz außerhalb der Landesgrenzen.
Da entgeht dem Fan sauber und knallend produzierten, Synth-angereicherten Power Metals etwas, denn SUNRISE machen die Art von Power Metal, die momentan im Trend ist (also extrem fetter Sound, einige interessante Sounddesign-Akzente, Keyboard-Spaß und eingängige Melodien mit moderner Rhythmusarbeit), kombiniert mit etwas 2000erigem Power Metal.
Das geschieht mit hoher Professionalität, die Soundauswahl ist stimmig, im Zweifelsfall hat man lieber eine Tonspur mehr als zu wenig, ohne die Songs dabei zu überladen. Auch die Vocals laufen bestens, ab und an ergänzt um eine Sängerin und das Verhältnis von fixem Uptempo und etwas langsameren Songs ist ausgewogen.
Klar läuft man bei Power Metal mit dem Selbstanspruch von ordentlicher Fettheit und ausufernden Harmonien Gefahr, die ewig gleichen Melodielines zu reproduzieren. Das passiert zugegebenermaßen in Teilen, da doch so mancher Part nicht darüber hinauskommt, fett und gänsehautig zu sein, an kompositorischer Interessantheit aber ein bisschen missen lässt. Dem kommt allerdings zugute, dass sich SUNRISE immer mal wieder in progressivere Gefilde wagen, mit nicht überheblichen Taktvariationen und gerne auch böseren Gitarrenklängen, wie beispielsweise beim finalen “Rebel Yell”. Das ist positiv, bewahrt das Album vor einer “Klingt gut, ist aber gerne mal etwas unspektakulär komponiert”-Bewertung, gerade weil der Wille zur kreativen Umsetzung der Instrumental-Komponente auch bei den klassischer power-metalligen Parts oft zur Geltung kommt. Wo also die Melodiekomposition noch etwas Luft nach oben hat, entschädigt man dies absolut durch spannende Arrangements und delikate Toppings, seien es die Backing Vocals im Chorus von “Equilibrium”, die ihm das gewisse Etwas geben, die witzige Basssound-Wahl beim eigentlich etwas melancholischeren “Wild Swans” oder die sägenden Gitarren in der Strophe von “Unbroken Dreams”. Auch die Halbballade “The Only Reason” kommt sehr gut mit den dicken Percussion-Elementen und der Kontrast zwischen “trockenerem” Sound und dem getragenen Gitarrenmotiv in Kombination mit leichten AVANTASIA-Anleihen in “Nightingale” ebenfalls.

Fazit:
Wo man “Equilibria” also kleine Unspektakularitäten in Sachen Melodien ankreiden kann, sorgt ein liebevolles und ausgearbeitetes Drumrum dafür, dass die (per Crowdfunding finanzierte) Platte dennoch durchgängig kräftig unterhält. Wer wie ich an gutem Synth-Einsatz, integriert in fetten modernen Power Metal, seine Freude hat, der sollte den Blick gen Ukraine auf jeden Fall mal wagen und wird vielleicht von einer Power-Metal-Party überrascht, die man eigentlich aufgrund ihrer Qualität auch international viel mehr auf dem Schirm haben sollte. SUNRISE auf Tour mit EAGLEHEART, die eine etwas ähnliche Richtung einschlagen – das wär was, Freunde!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Wings Of The Dreamer
02. Equilibrium
03. We Are The Fire
04. Wild Swans
05. Call My Name
06. Unbroken Dreams
07. Life Is A Journey
08. The Only Reason
09. The Bridge Across Infinity
10. The Shadow
11. The Bell
12. Nightingale
13. Rebel Yell

Jannis