Band: Uli Jon Roth
Album: Scorpions Revisited
Spielzeit: /
Stilrichtung: Hard Rock
Plattenfirma: UDR
Veröffentlichung: 06.02.2014
Homepage: www.ulijonroth.com
Der chronisch unterbewertete Matthias Jabs, immerhin bereits seit 1978 bei den Scorpions für die Lead-Gitarre zuständig, kann einem schon leid tun. In die Fußstapfen eines berühmten Gitarristen zu treten ist schon schwer genug, gleich 2 Genies zu beerben ist eine beängstigende Aufgabe. Während der immer-mal-wieder-dann-wieder-nicht-Scorpions-Gitarrist Michael Schenker bis heute Heerscharen von Rock-Gitarristen inspiriert und beeinflusst hat, so ist der Einfluss von ULI JON ROTH, mit dem die Scorpions die ersten 5 Studioscheiben (sowie den Alltime Klassiker „Tokyo Tapes“) eingespielt haben, etwas schwerer zu Greifen. Nach seinem Ausstieg bei den Skorpionen hat ROTH, im Gegensatz zu Schenker (UFO, MSG) nie ein kommerziell erfolgreiches Vehikel für seine Saiten-eskapaden finden können und verschwand, trotz großem Interesse in Gitarristenkreisen, schnell in der Versenkung. Dass diese guten alten Zeiten nun schon mehr als 40 Jahre zurück liegen, scheint Roth als Anlass genommen zu haben seine Lieblingstracks von damals, unterstützt von einer Handvoll junger Musiker, neu zu interpretieren.
Eröffnet wird der Doppel-Decker mit meinem persönlichen Lieblingssong aus der UJR-Phase der Scorpions: „Sails Of Charon“ ist die perfekte Mischung aus Roth’s einzigartigen Gitarrenlicks und der ungestümen Energie der frühen Scorpions Tage, im klassischen Sound aber mit moderner Produktion. Und auch im weiteren Verlauf der Scheibe halten Roth und seine Backingband sich nahe an die Originalvorgaben und hauchen den Songs einen frischen Wind ein, so z.B. in dem treibenden „Catch Your Train“, dem herrlichen „In Trance” oder „Dark Lady“. Und dann scheint natürlich immer wieder Jimi Hendrix durch, der Roth in Fleisch und Blut übergegangen ist („Hell-Cat“). Roth’s immer noch beseeltes Gitarrenspiel zieht sich dann auch erwartungsgemäß wie ein dicker roter Faden durch die Songs. Positive Erwählung sollte auf jeden Fall Sänger Natah James erfahren, der dem Timbre von Klaus Meine, wenn nötig, recht nahe kommt und sich stellenweise ordentlich ins Zeug legt („We’ll Burn The Sky“!). Leider verkommt der Rest der Band mehr oder weniger zur blassen Staffage und wird im Gesamtmix zum gesichtslosen Playback degradiert zu dem lediglich James und Roth prominent in Szene gesetzt werden.
Die Frage ob die Welt solche Neueinspielungen, vor allem von den Originalkünstlern, braucht, ist durchaus berechtigt und kann bei mir in der Regel nur ein Kopfschütteln ernten. Als Paradebeispiel kann das jüngst erschienene Album des ehemaligen Scorpions Drummers Herman Rarebell dienen, der mit einem halbgaren Aufkochen alter Songs seine Rentenkasse aufbessern will. Im vorliegenden Fall sieht die Sache schon etwas anders aus, denn der Stellenwert den die ersten Scorpions Scheiben heutzutage im Bewusstsein des Scorpions-Publikums einnehmen, dürfte gering sein. Die meisten jüngeren Rock-Fans haben das Schaffen der Hannoveraner wohl seit „Crazy World“ auf dem Radar, wenn man Glück hat vielleicht noch ab „Blackout“. Die vorliegende Neueinspielung alter Schinken von Alben wie „In Trance“ oder „Virgin Killer“ könnte vielleicht den ein oder anderen auf den Geschmack bringen zu entdecken was die Jungs vor dem großen Durchbruch so auf Vinyl gebannt haben. ULI JON ROTH bringt den Beweis, dass die größtenteils aus seiner Feder stammenden, hier vertretenen Songs dem Zahn der Zeit getrotzt haben. Und alleine schon aufgrund der Tatsache, dass die Scorpions in Ihrer Frühphase noch weit weg vom kommerziellen Stadionrock späterer Jahre tolle Platten gemacht haben gibt’s es hier einige Perlen wieder zu entdecken.
WERTUNG:
Trackliste:
01. The Sails Of Charon
02. Longing For Fire
03. Crying Days
04. Virgin Killer
05. In Trance
06. Sun In My Hand
07. Yellow Raven
08. Polar Nights
09. Dark Lady
10. Catch Your Train
11. Evening Wind
12. All Night Long
13. We’ll Burn The Sky
14. Pictured Life
15. Hell-Cat
16. Life’s Like A River
17. Drifting Sun
18. Rainbow Prelude (Improvisation)
19. Fly To The Rainbow
20. I’ve Got To Be Free (Bonus Track)
Mario